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Inforunde Der Eichenspinner schweißt zusammen

Der Eichenprozessionsspinner stand Dienstag in Krüden auf der Agenda. Die Resonanz war groß.

Von Ralf Franke 25.01.2017, 18:00

Krüden l Als Bernd Kloss rund 50 Gästen im Dorfgemeinschaftshaus Krüden noch ein gesundes, neues Jahr wünschte, war er Ende Januar zwar etwas spät dran, mit der Betonung auf „gesund“ indes schon wieder top aktuell. Die Initiative „Seehausen links“ widmete ihre erste Runde 2017 nämlich dem Eichenprozessionsspinner, der Allergiker jeden Alters zur Verzweiflung bringt, mittlerweile zu einer ernsthaften Gefahr für den Tourismus wird, nach vielen Jahren des Dauerbefalls immer mehr Eichen das Leben kostet und damit auch Landschaft sowie Orten einen Teil ihrer Prägung nimmt.

Die Schar der Gäste verdeutlichte, wie groß das Problem ist und wie ernst es zumindest vor Ort genommen wird. Die Besucher, die sich rege in die Diskussion einbrachten, rekrutierten sich aus den Landkreisen Stendal und Salzwedel, aber auch aus dem benachbarten Niedersachsen. Direkt Betroffene meldete sich ebenso zu Wort wie Funktionsträger aus Politik und Verwaltung oder Pflanzenschutzfachleute.

Als Gesprächspartner hatte die Initiative die Leiterin des Betreuungsforstamtes „Nordöstliche Altmark“, Katja Doege, sowie aus den Kreisverwaltungen Stendal, Denis Gruber (erster Beigeordneter), und Prignitz, Sabine Kramer (zweite Beigeordnete), verpflichten können.

Vor allem die Ausführungen von Sabine Kramer erwarteten viele der Gäste mit Spannung, weil der Kampf gegen den Schädling auf der anderen Seite der Elbe offenbar erfolgreicher läuft als an den altmärkischen Brennpunkten, an deren erster Stelle die Gemeinden Aland und Zehrental stehen. In der Tat haben die Prignitzer den Falter und seine gefährlichen Raupen ganz gut in den Griff bekommen. Sabine Kramer berichtete, dass sich Erfolge ab 2015 einstellten, nach dem man auch einiges an Lehrgeld bezahlt habe. Inzwischen konnte die Befalls- und Bekämpfungsfläche von rund 2500 auf etwa 500 Hektar reduziert werden.

Ein besonderes Geheimnis für den Erfolg gibt es aber offenbar nicht. In der Prignitz arbeiteten alle Betroffenen (Straßenbaulastträger, Kommunen, Privatleute, Biosphärenreservatsverwaltung und Umweltamt) einfach nur Hand in Hand, so wie es im Norden der Altmark vor Jahren auch mal üblich war. Mit dem biolgischen Mittel „Dipel ES“ hielten und halten die Nachbarn kein Zauberelexier in der Hand, sondern das gleiche Mittel, das auch in Sachsen-Anhalt für das Spritzen in besiedelten Strukturen zu Land und aus der Luft zugelassen ist.

Es gibt aber – möglicherweise „kriegsentscheidende“ – Unterschiede. Damit ist weniger gemeint, dass in Sachsen-Anhalt nicht der Landkreis, sondern ab sofort das Landeszentrum Wald und damit das Forstamt den Koordinations-Hut aufhat, sondern vielmehr die Finanzierung.

In der Prignitz haben Landkreis und Kommunen Geld in die Hand genommen, das sie eigentlich auch nicht haben, während in Sachsen-Anhalt die Baulastträger der betreffenden Flächen (Straßen) und die privaten Eigentümer auf den Kosten sitzen bleiben. Und während sich auf der einen Seite der Elbe der Bekämpfungsdruck erhöht, zeigen auf der anderen Seite die Betroffenen mit dem Finger aufeinander – sei es, weil sie sich die Verantwortung für den Wiederbefall zuweisen oder sich für die Kosten nicht zuständig fühlen. Und daran wird sich auch in dieser Raupen-Saison bei allen Willensbekundungen aus Magdeburg nichts ändern.

Das Ordnungsamt Seehausen bereitet derzeit notgedrungen nach altem Schema die Bekämpfung des Eichenprozessons­spinners vom Boden aus vor, den die Kommunen und die Privaten seit zwei Jahren aus eigener Tasche zahlen müssen, weil es die Verbandsgemeinde nicht stemmen kann. Pro Baum kostet das im Schnitt zehn Euro. Da kann schnell was zusammenkommen.

Das schreckt ab, wie die Zahl der zurückgehenden Anmeldungen beweist. Ganz abgesehen davon, dass das Vertrauen in das Spritzmittel nicht sonderlich groß ist und die ersten Landeigentümer in ihrer Not sowie zum Schutz für Leib und Leben inzwischen die Motorsäge der Spritze vorziehen.

Was am Ende der Veranstaltung blieb, war die Erkenntnis, dass es viele Gleichgesinnte gibt, die das Problem aus der Welt schaffen wollen und dass beim Land, noch besser beim Bund, endlich die Erkenntnis reifen muss, dass der Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner keine freiwillige Aufgabe ist. Sondern dass die Betroffenen das Geld für Maßnahmen zur Verfügung gestellt bekommen, das über die Hintertür ja doch gezahlt wird, unter anderem, wenn Geschädigte ärztliche Hilfe einfordern. Heißt, dass Katja Doege, Denis Gruber, die regionale Politik und Verwaltung den Nöten vor Ort noch massiver in Magdeburg Gehör verschaffen müssen.