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Mehr Luft Am besten gleich 200.000 Bäume

Wenn wir weiter leben wollen wie bisher, müssen wir Bäume pflanzen. Und zwar ganz viele, sagt der Klein Ballerstedter Ernst Falk.

Von Karina Hoppe 28.02.2020, 23:01

Klein Ballerstedt l Ernst Falk sagt so Sätze wie „jeder Grashalm zählt“. Er wisse man gar nicht, was die Menschen denken, wo der ganze Sauerstoff herkommen soll, wenn sie Rasenmähroboter über ihre Vorgärten fahren lassen oder Flächen versiegeln und Bäume fällen, als wäre es nichts. „Ich meine, wir sollen ja auch Auto fahren, mal mit dem Flugzeug in den Urlaub, aber wir müssen etwas dafür tun, dass wir so leben können.“ Wie viele Hektar Wald allein im Rahmen des A 14-Baus gefällt werden... „Es gibt Ausgleichspflanzungen, ja, aber das muss doch alles erstmal wachsen. Wir brauchen die Blattmasse.“

So viel habe sich auch in Falks unmittelbarer Umgebung geändert, rund um Klein Ballerstedt. „Hier sagten sich noch in den 1970er Jahren wirklich Fuchs und Hase gute Nacht, das war eine Idylle.“ Die entstandenen 100-Hektar-Schläge, „für die uns die alten Bundesländer so beneideten“, und die Be- und Entwässerungssysteme blieben dann nicht ohne Konsequenz. „Beim Einrichten wurde vor keinem Baum oder Strauch Halt gemacht.“ Als Windschutz pflanzte man Schutzstreifen, aber längst nicht jeder hatte Bestand. „Ich meine, das war alles gut gedacht, aber es hatte eben Folgen.“ Falk hat Bilder, die dokumentieren, „wie bei Sturm ganze Felder in Bewegung sind, wie an den Gräben richtige Sanddünen entstehen“.

Wie solle er sich da zurücklehnen? Nein! „Wir müssen etwas tun. Bäume pflanzen. Eins plus eins ist zwei, aber 100.000 plus 100.000 macht 200.000.“ Es brauche eine groß angelegte Baumpflanzaktion. Dabei hat Falk auch jene Menschen im Kopf, die keinen eigenen Grund und Boden haben, sich aber gerne in der Natur aufhalten und das Projekt unterstützen möchten. Der Rentner denkt an so etwas wie ein offizielles Baum-Einzahl-Konto, bei dem die Einzahler genau nachvollziehen können, wo ihr Baum steht. „Es gibt Flächen, man muss es nur wollen.“ Einheitsgemeindebürgermeister Nico Schulz (Freie Wähler), mit dem es bereits ein Treffen in dieser Angelegenheit hat, zeigt den Daumen grundsätzlich nach oben. „Das ist eine ganz tolle Sache. Ich würde mich freuen, gäbe es noch mehr Menschen, die sich so engagieren.“ Wie das mit dem Konto allerdings praktisch aussehen soll?

„Es könnte überall angedockt sein, beim Nabu, beim Unterhaltungsverband, bei der Kommune, beim Kreis. Zum Beispiel“, sagt Falk. Über das „wie genau“ müsste man sich noch Gedanken machen.

Dass ein eigener Baum einen Menschen das Leben lang begleiten kann, sehe Falk nicht zuletzt bei seiner eigenen Enkeltochter. Als sie drei Jahre alt war, gingen die beiden in ihren Wald und suchten sich eine Buche aus, die genauso alt war wie sie. Sie steht heute groß gewachsen auf dem Falk’schen Grundstück – als ihr Baum.

Gerade erst hat Falk wieder Weidenstämmchen an sich genommen, die bei Freischneidearbeiten an Gräben liegen geblieben waren. Es vergehe kein Jahr, in dem er keine Bäume pflanzt. Er kennt sich damit aus. Nach der Wende hat der gelernte Elektriker in seiner Anstellung als Projektleiter bei der Gesellschaft für Arbeitsförderung, Sanierung und Strukturentwicklung (GASS) mehr als zehn Jahre alles dafür getan, dass die ABM-Kräfte neben Arbeiten wie dem Spielplatzbau oder dem Verfugen von Friedhofsmauern auch viel gepflanzt haben. „In jedem Ort erstmal zehn Süßkirschbäume.“ Tausende Bäume kamen damals unter Falks Regie und auf Wunsch der Bürgermeister in die Erde. Es brauche nun wieder eine große Pflanzaktion! „Die Masse ist wohl gleichgültig, so ist der Mensch.“ Aber in seinem Hefter stehen auch Namen wie Bohlander oder Sasse – es passiere ja schon was.

„Es ist nicht gut, wenn wir pessimistisch sind. Wir können zum Mond fliegen, dann können wir doch wohl auch Bäume pflanzen.“ Wir müssen vielmehr, sagt Falk. „Sonst schnappen wir eines Tages nach Luft und die Vögel fallen von den Bäumen“.

Kontakt zu Ernst Falk unter Telefon 039328/370.