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Musiktheater Wenn die Locken im Takt wippen

Erstmals wird mit dem Musiktheater „Mir lebn ejbig“ ein Projekt der Gruppe „Hahn im Korb“ und dem Seehäuser Gospelchor Realität.

Von Jana Henning 04.08.2016, 12:29

Seehausen l Die Akteure der Theatergruppe „Hahn im Korb“ und des Seehäuser Gospelchors einmal, und zwar am Sonabend, 27. August, ab 19 Uhr in der Salzkirche, Seite an Seite auf die Bühne zu stellen, liegt durchaus nahe. Schließlich ist Susanne Netal bei den Freizeitschauspielern seit Gründertagen vor zwölf Jahren eine treibende Kraft und unterstützt auch den Gesangsverein unter Leitung von Ehemann Ralph von jeher stimmlich.

Doch es habe eben reifen müssen; bis jetzt gedauert, der inneren Stimme zu folgen. „Wenn ich in der Theatergruppe spiele, denke ich manchmal: Schade, die Musik fehlt. Oder eben andersrum: Schade, das Schauspiel fehlt“, erklärt die Allgemeinmedizinerin vor der Probe am Mittwochabend in dem altehrwürdigen Gemäuer.

Energisch nickend stimmt Friedemann Nitsch aus seiner noch recht frischen Erfahrung als „Hahn im Korb“ zu. Der einstige Kantor der Wischestadt ist ebenfalls im Gospelchor aktiv und unterstützt die Idee von Anfang an. „Gerade bei den jetzigen gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen auf der Welt“ sehe er die Zeit reif für einen Abend wie diesen. Einem, der an die Wurzeln des Glaubens führen soll. Einem, der die ganze Bandbreite der menschlichen Gefühle ansprechen soll. Rührend, tiefsinnig, vielleicht auch traurig. In jedem Fall aber nachdenklich stimmend an einigen Stellen und dann auch wieder kurzweilig mit Witz und Chuzpe, für die ganze Mischpoke. Nur zwei Wörter hebräischer Herkunft, die in unserer Alltagssprache zu finden sind. „Und die Liste ist lang“, so Netal, bei der jetzt nicht nur alle organisatorischen Fäden für das zwei mal 45 Minuten andauernde abendfüllende Stück mit musikalisch begleiteter Pause und „koscherem Imbiss“ am Sonnabend in vier Wochen zusammenlaufen.

Nein, sie habe die Fäden schließlich erst ersponnen und miteinander versponnen, winkt Kathleen Zimmermann mit dem beeindruckend umfangreichen Manuskript aus der Feder Netals. Mit der anderen Hand hält sie einen breitkrempigen schwarzen Hut als typische Kopfbedeckung orthodoxer Juden hoch und lässt die daran befestigten Locken wippen. „Perfekt“, fällt das Urteil der Kompagnons aus. Als dritte Hauptdarstellerin neben Netal und Nitsch sowie als treues Ursprungsmitglied des wischestädtischen Laientheaters wollte sie „unbedingt einmal ein Stück nur für Erwachsene auf die Beine stellen“ – kein Märchen wie es die 20-köpfige Truppe sonst jedes Frühjahr in der Aula der Gemeinschaftsschule aufführt. Auf ihre Rolle im Stück „Mir leben ejbig“ angesprochen, lacht Zimmermann herzhaft. Es gebe keine klassischen Rollen; „die einzige Rolle, die wirklich ausgefüllt wird, ist die es Gospelchors.“ Die dort vereinten 15 Sänger können auf ein reichhaltiges Repertoire an jddischen und hebräischen Liedern aus ganz verschieden Epochen zurückgreifen. Und in jedem einzelnen lasse sich die jüdische Kultur mit ihrer besonderen Sprache und unverwechselbaren Geschichte erleben. Diese zu vermitteln, wird die Aufgabe der Theatergruppe sein. Zehn aus ihren Reihen werden „Definitionen, Anekdoten, Kurzgeschichten – von allem etwas“ erklärend zur Musik darbieten, macht sie neugierig und schaut sich zufrieden um.

Susanne Netal und Friedemann Nitsch sind sich einig: Ein schöneres Ambiente und eine bessere Akustik als in der Salzkirche gebe es für ihr Vorhaben nicht. Doch wie Stühle, Bänke und eventuell auch Stehtische angeordnet werden sollen – das ist noch nicht ausgegoren. Jedenfalls so, dass mindestens 100 Zuschauer für die einzige Darbietung des Stückes Platz finden sollen. Weitere Termine seien nicht geplant.

Bis die Salzkirche am 27. August ab 18 Uhr für den „etwas anderen Abend mit jüdischem Witz“ öffnet, müsse noch kräftig geprobt werden. Aber das klappe schon, sind sich alle sieben Probenden einig. Auch darüber, dass man besser zeitig erscheine, das sichere die besten Plätze – wie auch immer die dann angeordnet sind. Der Eintritt ist frei. Spenden gehen zugunsten des Seehäuser Waldbades und des Projektes zum Ausbau der Türmerwohnung in der St. Petrikirche.