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Ohne Nachfolger Idener praktizieren ins Ungewisse

Die Idener Allgemeinmediziner Klaus Pick (74) und Kerstin Merkel (50) finden partout keinen Nachfolger. Zur Not müsste Plan B her.

Von Karina Hoppe 11.09.2017, 14:21

Werben l Ein niedergelassener Arzt verkauft am Ende der beruflichen Laufbahn seine Praxis, was einer Altersversicherung gleichkommt – diese alte Rechnung geht schon lange nicht mehr auf. Jedenfalls haben sich die Idener Allgemeinmediziner Medizinalrat Klaus Pick und Kerstin Merkel längst von ihr verabschiedet. „Wenn, dann wollen die Ärzte in die Städte“, sagt Pick. Aber er und seine Tochter praktizieren nun mal auf dem Land. Mit 1700 Patienten pro Quartal, wobei auch fünf Besuche ein und desselben Patienten als „ein Patient“ zählen. Die beiden haben also gut zu tun. Und müssen sich trotzdem um die Zukunft ihrer Gemeinschaftspraxis sorgen. Denn was sie bisher auch unternahmen, es fand sich kein Arzt, der bei ihnen in Iden angestellt sein möchte. Ob sie nun mit Hilfe der Ärztebörse, der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) oder des Arbeitsamtes suchten. Ob nun nach einem Assistenzarzt, der seine Fachausbildung in Iden macht oder einem „fertigen“ Facharzt für Allgemeinmedizin – nichts.

Wenn das so bleibt, müsste irgendwann notwendigerweise Plan B aus der Schublade. „Die Praxis zusammenschrumpfen, einen Teil des Personals entlassen“, sagt Kerstin Merkel, die 50 Jahre alt ist und das nicht möchte. Denn die Praxis läuft ja. Picks Frau, Gerlinde Pick, eingerechnet, hat sie fünf Festangestellte, dazu kommt eine Reinigungskraft. Die Praxis ist also auch Arbeitgeber, vor allem aber wird sie gebraucht. Immerhin sind von den früher fünf Ärzten an vier Standorten (Goldbeck, Hindenburg, Iden, Werben) nur noch drei Ärzte an zwei Standorten (Iden und Werben) übrig geblieben. Dass diese Zahl weiter schrumpfen könnte, davor haben nicht zuletzt die Patienten am meisten Angst. Ähnlich wie es Dr. Rudolf Anton in Werben ergeht (Volksstimme berichtete), sieht sich auch die Idener Praxis immer wieder Schließungsgerüchten gegenüber. „Ich habe gehört, sie wollen aufhören?“ Dieser Satz fällt öfter, die Patienten haben Angst, die sie abgesehen von den wideren Umständen eigentlich nicht zu haben bräuchten – ganz im Gegenteil: Klaus Pick und Kerstin Merkel schätzen ausdrücklich das Arztsein auf dem Land. „Hier sind wir häufig Arzt der gesamten Familie, kennen die Hintergründe“, so Pick. Das helfe, zumal in einer Zeit, „in der unser Alltagsleben uns krank macht“. Dass psychische Leiden zunehmen und infolge zunehmender Alterserwartung, aber auch als Resultat von Umweltgiften auch die Krebsleiden ansteigend sind, diese Erfahrung machen auch die Idener Ärzte. Sie stellen überdies ein erhöhtes Patientenbedürfnis danach fest, „Pillen zu schlucken“. Vor vielleicht 40 Jahren habe es laut Pick noch 3000 Medikamente gegeben, heute seien es wohl 60.000. Das spreche Bände, und dahinter stehe natürlich auch die Pharmaindustrie. Bei manch‘ Leiden aber helfe vielleicht schon mehr Bewegung, „aber viele Menschen sind heute auch fixiert auf die Apparatemedizin“, so Pick.

Familie Pick kam 1970 nach Iden. Seither praktiziert Klaus Pick in dem Wischedorf. Gleich nach der Wende machte er sich als einer der ersten in der Umgebung selbstständig. 1996 stieg Kerstin Merkel mit ein. Allgemeinmedizinische Grundversorgung, Betriebsmedizin, Naturheilkunde – das ist das Profil der Praxis. Viele Patienten sind zig Jahre dort. So etwa die Arneburger Jutta und Reinhard Luther, die sich gegenüber der Volksstimme „für die jahrzehntelange gute Betreuung“ in der Praxis bedanken. „Hier spürt man, dass Beruf von Berufung kommt“, schreibt Jutta Luther, früher Leiterin der Idener POS „Franz Zielasko“. „Ob nachts die Kopfwunde eines Kindes genäht werden musste, ab am Sonntag ein Unfall auf dem Sportplatz geschah, ob sich ein Kind in der Schule auffällig benahm oder spätabends ein Rentner vor dem Neubau zusammenbrach – Klaus Pick war auch außerhalb der Sprechstunde für seine Patienten da“.

Längst ist nicht aller Tage Abend: Klaus Pick fühlt sich gut, würde auch nicht sofort aufhören wollen. Aber mit der Aussicht auf einen Nachfolger, der ja noch eingearbeitet werden muss, ließe es sich wohl leichter schlafen.

Was also kann unternommen werden, um den Standort für Ärzte attraktiver zu machen? Diese Frage soll in Kürze sowohl in Iden als auch in Werben in Dreiecksgesprächen zwischen den Ärzten, der Verbandsgemeinde/Mitgliedsgemeinde und der KV erörtert werden. Gute Nachrichten schon mal aus Arneburg: Dort wird in Kürze eine zweite Ärztin eine Praxis eröffnen.