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"Refugium" Mit Ritualen durch den Tag

Neugierige konnten sich im Seehäuser "Refugium" umschauen. Das Diakoniewerk Osterburg öffnete die Türen.

Von Karina Hoppe 03.09.2019, 23:01

Seehausen l An den Wänden hängen Bilder, auf denen Kinder mit ihren Eltern lachen. Arm in Arm, lebensfroh. „Man fragt sich, warum die Kinder hier sind, wenn man das so sieht.“ So äußerte sich am Freitag eine Besucherin des Kinder-Refugiums Seehausen. Einer Einrichtung des Diakoniewerks Osterburg für Kinder bis sechs Jahre, die nicht zu Hause wohnen können. „Und dafür gibt es nicht den einen Grund“, sagt Birgit Neubert, bei der Diakonie Bereichsleiterin für Jugendhilfe. In jedem Fall sind die Eltern überfordert und befand das Jugendamt als staatliche Stelle, dass es besser ist, die Kinder wachsen in professioneller Umgebung auf.

Acht Plätze hat die seit Anfang des Jahres bestehende Einrichtung unter Leitung von Nils Döring in Seehausen. Sie ist aktuell voll belegt, mit Mädchen und Jungen von einem Jahr bis zu fünf Jahren. Der Betreuungsschlüssel beträgt 1 zu 1,1, „aber wir haben mehr als acht Fachkräfte, es arbeiten nicht alle in Vollzeit“, sagt Birgit Neubert, der es am Herzen liegt, zu sagen, „wir sind nicht geheim“. Auch weil es dieses und jenes Gerücht gab und das Thema ohnehin mit Berührungsängsten belegt ist, beschlossen die Mitarbeiter, einen Tag der offenen Tür durchzuführen.

Um so schöner, dass dieser so gut angenommen wurde. „Es waren wirklich viele Seehäuser hier.“ Darunter auch Mitarbeiter des Rathauses und ehemalige Deutsch-Lehrer. Sie hatten in den nun anders eingerichteten Räumlichkeiten minderjährige alleinreisende Flüchtlinge beim Spracherwerb unterstützt. Jetzt stehen Kinderbettchen in den Räumen und hängen Kindersachen draußen auf der Wäscheleine. Ein zu schöner Anblick, sagte Heike Nilson als Geschäftsführerin des Seehäuser Wachschutzes, dessen Belegschaft sich geschlossen beim neuen Nachbarn umschaute. „Ich empfinde die Nachbarn als sehr angenehm. Man hört auch nur Gutes.“ Die Eingänge im Gebäude liegen direkt gegenüber. Links der Drücker für den Wachschutz, rechts die Aufschrift „Kinderwohngruppe“ mit Wal dazu.

Überhaupt haben es die Kinder mit Bildern und Ritualen. Jedes Kind hat eine eigene Box für Zahnbürste und Co mit Bild von sich selbst darauf. Bilder von den Erziehern zeigen den kleinen Bewohnern, wer sich in welcher Schicht um sie kümmert. Jedes Kind hat einen festen Sitzplatz, es gibt feste Essenszeiten, Ins-Bett-geh-Zeiten. „Sie brauchen diese Rituale sehr, sie hangeln sich an ihnen durch den Tag“, sagt Birgit Neubert.

Bei manchen Kindern kommen auch die Eltern zu Besuch. „Der Kontakt ist uns sehr wichtig.“ Darüberhinaus gibt es einmal im Monat ein Elterncafé, das gut angenommen werde. Dass die Kinder allerdings wieder zu Hause wohnen können, sei eher unwahrscheinlich. „Dann müsste sich in den Herkunftsfamilien schon sehr viel verändern.“ Trotzdem bleiben die Eltern die Eltern und das sei auch richtig so. Es gebe seitens des Personals keine Berührungsängste mit ihnen, sagt Birgit Neubert. Und, dass sie den Namen „Refugium“ aus der Zeit mit den minderjährigen Flüchtlingen bewusst belassen haben. „Wir sind ja immer noch ein Refugium.“ Nun für ganz Kleine in Not.