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Schüler-Projekt Die Zukunft der Milchviehbetriebe im Blick

"Droht das Aussterben der Milchviehbetriebe?" Auf diese Frage von Osterburger Schülern gingen eine Milchbäuerin und ein Öko-Landwirt ein.

Von Frank Schmarsow 01.09.2016, 15:15

Osterburg l Schüler der 10. bis 12. Klassen des Markgraf-Albrecht-Gymnasiums haben in einem Projekt mit Lehrerin Astrid Johannes die Zukunft der Milchviehbetriebe im Blick. Am Mittwoch nahmen die Milchbäuerin Constanze Thomsen vom Milchviehhof Thomsen in Düsedau und der Öko-Landwirt Hartmut Wöllner aus Lindenberg dazu Stellung.

Zirka 100 Milchkühe haben Thomsens zur Zeit in ihrem Stall stehen – noch! Denn wie die Bäuerin erklärte, sei die Aufgabe ihres Milchviehbetriebes „am Ende dieses Jahres beschlossene Sache und zwar schweren Herzens“.

Und vor den Schülern begründete sie den Schritt: „Der gegenwärtige Milchpreis von 23 Cent pro Liter, für den wir unsere Milch verkaufen müssen, zwingt uns dazu; der niedrige Erlös rechtfertigt nicht den hohen Aufwand. Wir müssen wirtschaftlich denken und dürfen uns nicht von der emotionalen Seite leiten lassen.“

Mit einigen Dias wollte Constanze Thomsen dennoch veranschaulichen, dass „die Arbeit in der Milchproduktion Freude macht, ja Begeisterung hervorruft“, und es werde Zeit, dass „die Menschen lernen den Produkten der einheimischen Bauern zu vertrauen“. Wenn es in der Altmark keine Milchviehbetriebe mehr gebe, werde man auch auf viele liebgewordene Begleiterscheinungen verzichten müssen, zum Beispiel die traditionellen Jungzüchterwettbewerbe in Steinfeld.

Wie lange lasse sich diese „sehr bedenkliche Entwicklung“ verzögern. Thomsen wartete mit Zahlen auf: „Im Gebiet Osterburg des Landeskontrollverbandes für Leistungs- und Qualitätsprüfung Sachsen-Anhalt (LKV) gab es am 30. September 1995 104 Milchviehbetriebe mit einem Bestand von 18 345 Kühen. 13 Jahre später waren es nur noch 57 Betriebe mit 12 183 Kühen, und sieben weitere Jahre danach las man in der Statistik von lediglich 43 Milchbauern mit 11374 Kühen. Und weiter?

In Weiterführung des Projekts sei unter anderem eine Diskussionsrunde über die Zukunft der Milchproduktion in Deutschland geplant, führte die Düsedauerin weiter aus. Als Teilnehmer vorschlagen will man neben Schülern unter anderem Peter Schuchmann als Vertreter des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, Udo Folgert vom Deutschen Bauernverband und einen Molkereifachmann. Alle mit dem Projekt im Zusammenhang stehenden Aktivitäten wolle man in einem Buch verarbeiten, sagte Constanze Thomsen.

Wöllner, seit 50 Jahren Landwirt und auf einem Bauernhof groß geworden, schilderte die Zusammenhänge dieser „bedenklichen Entwicklung“ aus seiner Sicht. „Die niedrigen Milchpreise drücken uns, und dass sich Milchbauern durch die Milchquoten- und Preispolitik der EU an die Wand gedrückt fühlen und schließlich aufgeben, ist die Folge davon“, sagte er unter anderem. Dazu kämen die enorme Macht der Handelsketten, das Preisdiktat der Molkereien bis hin zum Druck auf die Erzeugerpreise. Eine beträchtliche Rolle spiele auch der Wegfall der Exporte zum Beispiel nach Russland.

Und schließlich hänge alles mit dem Wettbewerb zusammen, dem das Deckmäntelchen Marktbereinigung übergeworfen wurde.