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Storchenglück Ein Sommer mit Logenplatz

Vom ersten Klappern bis zum Abflug: Gerda und Ewald Schmack haben einen Logenplatz für die Beobachtung der Rohrbecker Storchenaufzucht.

Von Karina Hoppe 17.08.2017, 15:44

Rohrbeck l Soll nochmal einer sagen, das war kein schöner Sommer. Viele Rohrbecker würden dem widersprechen. Darunter Gerda und Ewald Schmack, deren Garten in den zurückliegenden Monaten zum Logenplatz avancierte – zur ersten Reihe für die Beobachtung der Storchenaufzucht. Vor allem der 90-jährige Ewald Schmack hatte die Zeit für den Blick auf Nachbars Scheune. Manche Tage schaute er dem Treiben stundenlang zu. Vielleicht schließt sich da ein Kreis, denn als Ewald Schmack in Ostpreußen eingeschult wurde, hatten er und seine Mitschüler auch so einen exklusiven Blick auf Adebars Welt. „Da saßen die Störche auf dem Bauernhaus nebenan.“ Schöne Vögel seien das schon.

Das empfinden die Nachbarn Kerstin und Helmut Sasse genauso. Letzterer auch, weil er auf der alten Ziegelei Osterburg selbst mit Störchen groß wurde. Als nun jedenfalls Sasses vor rund 15 Jahren öfter Störche über ihrem Dorf kreisen sahen, beschlossen sie, auf einem Lüftungsschacht ihrer Scheune eine Nisthilfe anzubringen. Ein Tischler baute den eichenen Dachreiter aus Holz, Kerstin Sasse flechtete mit viel Liebesmüh das passende Nest aus Weidenruten dazu. Mit Hilfe der Rohrbecker Feuerwehr wurde das Kunstwerk dann nach oben bugsiert, festgemacht und rundum mit weißer Farbe versehen. Damit das Nest aussieht, als sei es schon mal bewohnt gewesen – man kennt die Tricks. Aber es nützte nichts. „Ich war der felsenfesten Überzeugung, dass da gleich im ersten Jahr Störche drauf brüten“, sagt Helmut Sasse. Er wettete mit Nachbars Enkelsohn um einen Kasten Bier – und verlor. Es legten zwar mal Störche eine Pause auf der Scheune ein, aber ein Brutpaar wurde nie daraus. Und das 15 Jahre lang! 2007 schmiss Orkantief Kyrill das Konstrukt gar mal zu Boden, aber Sasses blieben dran, pflegten das Nest jedes Jahr, auch mit technischer Hilfe des Baumpflegers Christian Glomm. Im Dorf hat dies süße Hänseleien provoziert. Nestpflege ohne Storch – wer macht denn sowas?

In diesem Jahr, Dienstag nach Ostern, sollte sich das Blatt wenden. Da kamen gleich zwei Störche auf einmal und sie blieben. Sie überstanden blutige Revierkämpfe mit ihren Artgenossen und stiegen ins Brutgeschäft ein. Am 6. Juni notierte Kerstin Sasse in ihr Tagebuch, dass sie zum ersten Mal zwei kleine Schnäbelchen beobachtet hat. Oder waren es drei? Da ist sich das Dorf nicht ganz sicher. Auch über Schmacks und Sasses hinaus wurde nämlich das Geschehen verfolgt. Spaziergänger gingen regelmäßig ihre Storchenrunde, manch‘ Radfahrer hielt an und schaute eine Weile. Mittlerweile ist gar von einer Storchenbank die Rede, der Rohrbecker Dorfverein könnte sie organisieren. Die Scheune samt Nest steht an der Pflasterstein-Straße. Ein Platz auf der gegenüberliegenden Seite bietet sich für eine Bank regelrecht an, finden Sasses.

Sie selbst sehen das Nest ganz gut aus der oberen Etage ihres Hauses – und Schmacks haben ja den Logenplatz im Garten. „Ihre“ Jungstörche überstanden den Starkregen der Saison im Gegensatz zu anderen zum Glück. In der letzten Zeit unternahmen sie viele Flugübungen. Vielleicht ist der Rohrbecker Nachwuchs heute schon gen Süden aufgebrochen. Das macht die Beobachter auch ein bisschen traurig. Aber die Hoffnung liegt auf dem nächsten Jahr. Dann wird das Nest doch wieder bezogen? In jedem Fall sind die Adebare in Rohrbeck mehr als nur willkommen.