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Datenaffäre „Mangelhafte Abläufe“

In der Affäre um Tausende gelöschte Täter-Daten im Landeskriminalamt hat Innenminister Michael Richter (CDU) umfassende Aufklärung zugesagt.

02.03.2021, 00:00
Ein Flüchtling schaut sich am 29.03.2017 in Waiblingen (Baden-Württemberg) in der Registrierungsstelle für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge die aufgezeichneten Fingerabdrücke auf einem Computermonitor an. Als einer der ersten Kreise in Deutschland hat der Rems-Murr-Kreis bei Stuttgart mit der systematischen Registrierung junger Flüchtlinge begonnen. Foto: Lino Mirgeler/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++
Ein Flüchtling schaut sich am 29.03.2017 in Waiblingen (Baden-Württemberg) in der Registrierungsstelle für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge die aufgezeichneten Fingerabdrücke auf einem Computermonitor an. Als einer der ersten Kreise in Deutschland hat der Rems-Murr-Kreis bei Stuttgart mit der systematischen Registrierung junger Flüchtlinge begonnen. Foto: Lino Mirgeler/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++ dpa

Magdeburg l Eigentlich wollte sich Michael Richter gestern vorrangig zur Haushaltspolitik des Landes äußern. Die Pressekonferenz war deshalb auch in den Räumen des Finanzministeriums. Doch es kam anders als gedacht.
Richter stand Rede und Antwort zur Datenaffäre im Landeskriminalamt. Seit dem Rauswurf von Holger Stahlknecht im vorigem Dezember leitet der 66-Jährige in Doppelfunktion neben dem Finanzressort auch das Innenministerium. „Es gibt Themen, die einen überrollen“, sagte der Minister.
So die Datenaffäre. „Es gibt mangelhafte Abläufe im Landeskriminalamt“, erklärte Richter. „Das ist kein schöner Vorgang.“ Der Vorfall müsse „bis ins Detail aufgeklärt werden“. Laut Richter wurden am Wochenende bereits zahlreiche Gespräche geführt und eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Panne untersucht.
Am Samstag hatte die Volksstimme exklusiv berichtet, dass im Auftrag des Landeskriminalamtes vom 18. Januar bis zum Monatsende von 60.000 erkennungsdienstlichen Daten knapp 42.000 Daten gelöscht wurden. Darunter Fingerabdrücke von Verdächtigen und Straftätern. Ebenso Porträtaufnahmen, Tätowierungen und Auffälligkeiten bei Personenbeschreibungen (zum Beispiel Narben). Dadurch fehlen den Ermittlern derzeit wichtige Details, um Täter zu überführen.
Laut Richter können die gelöschten Daten knapp 16.500 Menschen zugeordnet werden. DNA-Proben oder Fahndungsdaten seien noch im System. Unklar sei derzeit, welche Auswirkungen die Löschungspanne auf die Ermittlungsarbeit habe, sagte der Innenminister.
Er betonte, dass für alle zunächst verloren gegangenen Daten die offizielle Speicherfrist abgelaufen sei. Somit hätten die Ermittler für jeden einzelnen Fall prüfen müssen, ob diese Frist verlängert wird. Zum Beispiel, weil es noch offene Ermittlungen im Zusammenhang mit Kriminalfällen oder Verdächtigen gibt, oder ob die Daten tatsächlich gelöscht werden müssen. Diese Prüfung erfolgte nicht, die Daten wurden gelöscht.
Momentan werde geprüft, wie schnell die Daten zurückgeholt werden könnten, sagte Richter. Die Möglichkeit zur Wiederherstellung bestehe. Danach müsse aus datenschutzrechtlichen Gründen die Sortierung nachgeholt werden, ob Daten weiter gespeichert oder gelöscht werden, sagte der Minister.
Wer genau wusste wann im Innenministerium von der Panne? Wer hat die Löschung veranlasst? Nach jetzigem Stand sei das ein „Entscheidungsprozess zwischen drei Leuten“ gewesen, sagte Richter. Und zwar von je einem aus dem Bundeskriminalamt, dem Landeskriminalamt und der Polizeiinspektion Zentrale Dienste.
Im Landtag war kritisiert worden, dass Richter nicht schon vorige Woche den am Donnerstag tagenden Innenausschuss über die Angelegenheit informierte. Er selbst habe erste Hinweise erst am Donnerstagnachmittag erhalten, sagte der Minister.
Das Innenministerium war spätestens seit dem 21. Februar informiert. An diesem Tag stellte die Volksstimme offiziell ihre Anfrage zur Datenaffäre.