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"Rubin's Colors" Einzelschicksal macht Geschichte lebendig

Rubin Samelson war 14, als er ins Konzentrationslager kam. Schüler im gleichen Alter lernten im Salzwedeler Hanseat mehr über sein Leben.

Von Anke Pelczarski 09.07.2015, 03:00

Salzwedel l „Die Geschichte von Rubin fand ich sehr berührend“: Das sagte die Neuntklässlerin Hanhmy Nghiem aus dem Salzwedeler Jahngymnasium gestern im Salzwedeler Hanseat zur Abschlussveranstaltung des Projektes Rubin‘s Colors. Sie gehörte zu den 110 Teilnehmern, die in diesem Jahr an dem besonderen Angebot des Kunstvereins Atelierhaus Hilmsen und der Landeszentrale für politische Bildung teilnehmen durfte.

Projektkoordinator Karl-Heinz Reck erinnerte daran, dass fünf Schulen an dem etwas anderen Geschichtsunterricht teilgenommen hatten: die Comenius-, die Jeetze- und die Pestalozzischule, das Jahngymnasium (alle Salzwedel) sowie erstmals die Sekundarschule Dähre.

„Warum bieten wir diese Veranstaltung an?“, fragte er in den Raum und lieferte die Antwort gleich nach: Zum einen gebe es heutzutage viele Menschen, die leugnen, dass es den Holocaust wirklich gegeben habe. Zum anderen würden andere zwar bestätigen, dass sechs Millionen Juden ermordet worden seien, aber sagen, dass man dieses Geschehen vergessen solle, weil es schon so lange her sei. „Das sind falsche Einstellungen“, machte Karl-Heinz Reck deutlich. Denn nur durch das Daran-Erinnern könne man sich schützen, dass sich solch ein Verbrechen wiederhole.

Es werde immer schwieriger, Zeitzeugen zu befragen. „Mein Vater, Jahrgang 1922, war Kriegsfreiwilliger, meine Mutter Krankenschwester. Ich habe sie nie gefragt, wie es im Krieg war. Heute leben sie nicht mehr“, bedauerte Karl-Heinz Reck. Er rezitierte ein Gedicht von Uwe Friesel, der sich mit den Schmierereien am 2. Oktober 2013 in Salzwedel auseinandergesetzt hat. Dieses Gedankengut gebe es, dem müsse man aber entgegenwirken.

Landrat Michael Ziche, der gern die Schirmherrschaft für Rubin‘s Colors übernommen hatte, bezeichnete das Projekt als „stark emotionalisiert“. Aber es sei wichtig, Geschichte erlebbar zu machen. „Viele, die heute leben, tragen keine Schuld an dem damals Geschehenen, aber die Verantwortung, dass es nicht noch einmal dazu kommt“, sagte er.

Projektleiter Hans Molzberger lobte die Mitarbeit der beteiligten Schüler und ihre Kreativität beim Gestalten eines gläsernen Schmetterlings. Er wünschte sich, im nächsten Jahr dieses Projekt in etwas abgewandelter Form auch mit einer vierten Klasse umsetzen zu können.

Paul Busse aus der Salzwedeler Comeniusschule hatte das Angebot sehr gefallen, bestätigte er bei der Abschluss-Runde. Hanhmy Nghiem findet es wichtig, dass die Geschichte an die jüngere Generation vermittelt wird. Ines Kausch, Lehrerin an der Dährer Sekundarschule, bestätigte, dass das Projekt bei ihren Schülern Eindruck hinterlassen habe. „Anhand eines Einzelbeispiels ist Geschichte erlebbar“, sagte sei. Fürs nächste Jahr wünsche sie sich, dass die Dährer Schüler auch den Stolperstein-Rundgang in Salzwedel erleben können wie ihre Altersgefährten.

Hans Molzberger überlegte laut, das Angebot noch etwas auszubauen. Er wolle mit Überlebenden sprechen, die in Salzwedel im Konzentrationslager gewesen seien. Noch gebe es Überlebende.