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Salzwedel So kann die Hansestadt sparen

Salzwedel steht unter massivem Spardruck. Die Volksstimme hat sich eigene Gedanken gemacht.

Von Alexander Walter 18.07.2015, 10:56

Salzwedel l Salzwedel steht vor finanziell schwierigen Zeiten. Der Altmarkkreis hat die Stadt mit einem Schreiben vom April nicht nur verpflichtet, bis 2016 einen verbindlichen Plan zum Abbau von 9,57 Millionen Euro Altschulden vorzulegen. Er hat die Stadt auch aufgefordert, freiwillige Aufgaben wie Kultur und Sportstättenbetrieb auf den Prüfstand zu stellen.
Grund ist neben den so genannten Altfehlbeträgen auch die Tatsache, dass Salzwedel bereits mit einem Defizit von 2,96 Millionen Euro im Ergebnishaushalt in das Jahr gestartet war und auch 2017 und 2018 erneut Schulden machen wollte. 

Jetzt kommt auch noch der Ausfall von 2,5 Millionen Euro eingeplanter Gewerbesteuereinnahmen hinzu. Um den Haushalt wieder in gesunde Bahnen zu lenken, steht die Stadt damit unter massivem Spardruck.
Erste Maßnahmen sind bereits getroffen: Die Kämmerei hatte auf Vorschlag des Finanzausschusses bereits vor Verabschiedung des Haushalts große Posten wie die 1,15 Millionen Euro teure Sanierung des Liestener Waldbads auf unbestimmte Zeit verschoben. Nach dem Bekanntwerden des Steuer-Ausfalls hat die ehemalige Oberbürgermeisterin Sabine Danicke zudem eine Haushaltssperre verhängt, alle Am wichtigsten sind aber regelmäßige, nichtöffentliche Beratungen des Finanzaussschusses, an denen Fraktionen und Verwaltung teilnehmen.

Erstmals am 6. Juli berieten die Beteiligten dabei über mögliche Wege aus dem Finanzloch. 
Über Ergebnisse der Sitzungen ist nichts bekannt. Die Volksstimme hat sich deshalb eigene Gedanken zu Sparmöglichkeiten gemacht. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vorgestellt werden sollen vielmehr Ansätze, auf denen Einsparmöglichkeiten aufbauen könnten.

Haben auch Sie Vorschläge, an welcher Stelle gespart werden könnte, oder andere Anregungen? Diskutieren Sie mit unter www.facebook.com/vs.altmark, schreiben Sie uns per E-Mail an redaktion.salzwedel@volksstimme.de oder per Post an Volksstimme Salzwedel, Neuperverstraße 32, 29410 Salzwedel.

Neben dem Verkauf von Aktien wäre die Privatisierung von Immobilien wohl einer der schnellsten Wege, um zügig  an flüssiges Geld zu kommen, das Salzwedel jetzt dringend braucht. Während Aktien aber eine potenzielle Wertanlage darstellen, verursachen viele Immobilien langfristig vor allem Kosten. Wir meinen deshalb: Die Stadt sollte Aktien, die sie etwa bei der Kommunalwirtschaft Sachsen-Anhalt (Kowisa) GmbH hält, unbedingt behalten. Stattdessen sollten Politik und Verwaltung über den Verkauf von Gebäuden und Flächen nachdenken, die den Haushalt belasten. Dazu dürfte das eine oder andere Dorfgemeinschaftshaus zählen, aber auch der Stadtforst. Den Ausschlag für Verkauf oder Erhalt sollten die tatsächliche und die zu erwartende Wertentwicklung bilden. Tätig geworden ist die Stadt auf Druck des Altmarkkreises bereits beim Thema Bahnhof.

Durch die Auflage des Kreises, auf den Kauf zu verzichten, sind immerhin 248 000 Euro mehr im Haushalt als mit dem Objekt. Es ist zwar schade um das bereits von der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (Nasa) GmbH angestoßene Sanierungsprojekt. Kauf und vor allem Unterhalt hätten aber erhebliche Folgekosten nach sich ziehen können. Finanziell gesehen ist der Verzicht deshalb richtig. Die Stadt sollte sich um eine Lösung von privater Seite bemühen. Auch die Straßensanierung ist ein großer Kostenfaktor im Haushalt. In dem Wunsch, möglichst viele Fördermittel zu erhalten, hat die Stadt in den vergangenen Jahren zu viele Straßenbauprojekte planen lassen und in Angriff genommen. Wir glauben: So lange Straßen nicht in einem unzumutbaren Zustand sind oder eine zentrale Rolle für Verkehrsführung und Stadtbild spielen, sollte die Verwaltung den Mut haben, Sanierungen auch mal aufzuschieben. Auch wenn die Stadt dadurch bisweilen auf Beteiligung an Förderprogrammen verzichten muss, dürfte das den Haushalt langfristig entlasten. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen ließen sich in diesem Feld  sicher große Summen einsparen.

Die Schließung oder Privatisierung des Waldbads Liesten (Foto) gehört zu den heißesten Kandidaten, um nachhaltig Geld einzusparen.

1,15 Millionen Euro hatte die Verwaltung zuletzt für die Sanierung des Bads veranschlagt. Wegen der Haushaltslage hatte die Kämmerei das Projekt aber im Februar vom Jahr 2018 auf unbestimmte Zeit verschoben. Bei den Betriebskosten käme die Abgabe eines Bads der Stadt entgegen. 2013 erwirtschafteten die drei städtischen Bäder (Freibad Salzwedel, Schwimmhalle und Freibad Liesten) zusammen ein Minus von 484 300 Euro. Für 2014 rechnete die Kämmerei mit einem Defizit von 660 500 Euro und für 2015 gar mit einem von 713 700 Euro. Fraglich ist zudem, ob das Salzwedeler Freibad tatsächlich eine Luft- und Wassertemperaturanzeige braucht oder ob es nach Messung am Morgen nicht auch die gute alte Schiefertafel tut. Immerhin 4000 Euro sind 2015 für die Anzeige eingeplant.

Auch bei den Sportstätten gibt es Sparpotenzial. Gestrichen hat die Kämmerei hier bereits die Sanierung des Sozialtrakts im Werner-Seelenbinder-Stadion (

500 000 Euro plus 200 000 Euro Fördermittel) zugunsten der Installation eines Kunstrasenplatzes für 570 000 plus 228 000 Euro Fördergeld im Stadion. Wir glauben: Die Sportler brauchen den Kunst-rasenplatz, um auch in der kälteren Jahreszeit draußen  trainieren zu können. Ein für 2017 geplantes Dienstfahrzeug für Sportanlagen (12 000 Euro) ist aber unnötig.

Bei den Spielplätzen hat die Stadt den Rotstift bereits angesetzt. 25 000 Euro, die 2015 unter anderem in neue Spielgeräte auf sieben Plätzen der Stadt investiert werden sollten, sind zunächst auf 2016 verschoben worden. Die Stadt sollte hier genau nachschauen, für welche Plätze es tatsächlich eine Nachfrage gibt und dann entscheiden. Insgesamt ergeben sich auch hier Einsparmöglichkeiten von mehreren hunderttausend Euro.

Die Stadtverwaltung hat auch im eigenen Haus bereits den Rotstift angesetzt. Erste Kürzungsmaßnahme war der für dieses Jahr geplante Kauf einer Beschallungsanlage für den Ratssaal mit Kosten von rund 15 000 Euro. Da sich sowohl der Stadtrat als auch die Ausschüsse nicht in diesem Raum treffen, eine nachvollziehbare Einsparung.

Auch der Einbau eines Fahrstuhls für zirka 120 000 Euro und die Klimaanlage für das Trauzimmer, immerhin mit 65 000 Euro veranschlagt sind bereits auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Doch auch im Rathaus gibt es weiteres Sparpotenzial. Nachdem der ehemalige Leiter des Marketingamtes Olaf Meining den Posten des Bürgeramtsleiters übernommen hat, ist das Marketingamt ohne Amtsleiter. Anstatt die Stelle neu auszuschreiben, könnte man sich die Personalkosten einsparen, indem das Stadtmarketing einem anderen Amt untergeordnet wird. Allein für das laufende Jahr würden so mindestens 20 000 Euro, für 2016 sogar an die 40 000 Euro im Geldbeutel der Hansestadt verbleiben.

Durchforstet man den Haushaltsplan für 2015 findet man auch ein neues Fahrzeug, das für den städtischen Bauhof angeschafft werden soll. Wird diese Investition verschoben, könnten wieder

25 000 Euro gespart werden. Zudem will die Stadtverwaltung rund 5000 Euro für einen Hochdruckreiniger zur Fahrzeugwäsche ausgeben – ebenfalls ein Streichkandidat. Allein bei Personal- und Verwaltungskosten ergäbe sich durch
bereits erfolgte Streichungen und die Vorschläge der Volksstimme eine Gesamtersparnis für das laufende Kalenderjahr 2015 von mindestens 250 000 Euro.

Stehen Etat-Kürzungen ins Haus, geht es in Städten meist der sogenannten „Weichen Faktoren", also unter anderem dem Kulturangebot an den Kragen. Und tatsächlich haben auch wir hier einiges an Streichmasse entdeckt.

Mit dem Nysmarkt und Hansefest hat Salzwedel sozusagen gleich zwei Stadtfeste. Diese könnten immer im jährlichen Wechsel stattfinden. Eine andere Variante wäre, das Hansefest nur alle zwei Jahre zu organisieren. Allein der Zuschuss der Hansestadt für den Eigenbetrieb KulTour zum Hansefest betrug für 2015

25 000 Euro. Geld, dass beispielsweise für neue Geräte auf den städtischen Spielplätzen ausgegeben werden könnte (siehe Bäder/Sportstätten). Insgesamt könnten mit einem Stadtfest weniger pro Jahr wohl zirka 50 000 Euro eingespart werden.

Auch einige Projekte, für die gegenwärtig Anträge auf Leader-Fördermittel laufen, werden wohl oder übel überdacht oder gestrichen werden müssen. Allein die Erstellung von Bewerbungsunterlagen für die Landesgartenschau 2026 in Salzwedel und
Arendsee schlägt mit ungefähr 50 000 Euro zu Buche.

Zudem ist für das 20. Hansefest im kommenden Jahr eine Ausstellung zum Thema „Die Gärten europäischer Hansestädte" geplant. Kostenpunkt: rund 100 000 Euro. Fallen diese beiden Vorhaben  dem Rotstift zum Opfer, erübrigt sich auch das Anlegen eines Hansegartens im Birkenwäldchen mit geschätzten Kosten von 250 000 Euro. Zusätzlich zum Hansegarten ist auch eine Wassertretstelle im Birkenwäldchen vorgesehen. Wird der Hansegarten nicht gebaut, fällt auch dieses Vorhaben flach und es werden nochmal 125 000 Euro gespart. Wir meinen: Kulturangebote sind wichtig für eine Stadt. Pläne für eine Landesgartenschau und Hansegarten sollten aber auf Eis gelegt werden.