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Diskussion Verliebt, verlobt, verloren

Einen Film über das Schicksal nordkoreanisch-deutscher Familien in der DDR gab es am Sonnabend im Filmpalast.

Von Oliver Becker 10.11.2015, 01:00

Salzwedel l Bis auf den letzten Platz war im Salzwedeler Filmpalast das Kino 3 mit seinen 81 Sitzen ausgebucht. Der neueste Film der deutsch-südkoreanischen Filmemacherin Sung-Hyung Cho trägt den Titel „Verliebt, verlobt, verloren“.

Er erzählt die Geschichte von Menschen, denen das Schicksal nicht immer gut gesonnen war und ein Leben bestehend aus Liebe, Bangen und Hoffen bescherte. Die Politik im großen Stil zog dabei die Schicksalsfäden und bestimmte das Freud und das Leid von vielen Menschen. Was als Romanze begann, endete für die Betroffenen in einem Trauma.

Noch während des Koreakrieges (1950-1953) entsandte das sozialistisch geprägte Nordkorea junge Männer zum Studium in die sogenannten Bruderländer. Zu Fachkräften ausgebildet, sollten sie ihr neu erworbenes Wissen in dem vom Krieg zerstörten Nordkorea zum Einsatz bringen. Mehrere hundert Studenten nahmen auch an den unterschiedlichsten Universitäten in der DDR ihr Studium auf.

Es entstanden Freundschaften und sogar Liebschaften zwischen den jungen Menschen aus der DDR und Nordkorea. Es waren der Charme der Nordkoreaner, ihre Höflichkeit und auch ein Hauch Exotik, der sie umgab, die die deutschen Mädchenherzen entflammten.

In dem Film erinnern sich Frauen auch nach rund 60 Jahren an ihre jeweils große Liebe jener Zeit. „Sie waren so höflich und immer akkurat gekleidet“, besann sich Ruth Runge auf die gemeinsame Zeit in Dresden. „Er sollte immer der Schönste sein, darum habe ich seine Hemden vor dem Bügeln immer gestärkt.“ Nicht selten wurde die Liebe mit gemeinsamen Kindern gekrönt. Doch nur in Einzelfällen wurde seitens der Staaten einer Trauung zugestimmt. Renate Hong aus Jena war eine der wenigen, der es gelang, die gemeinsame Liebe durch einen Trauschein zu legitimieren. Doch auch sie teilte letztendlich das Schicksal ihrer Leidensgenossinnen und wurde 1962 von ihrem Mann getrennt.

Der russisch-chinesische Konflikt war mit ausschlaggebend für die Rückbeorderung der Nordkoreaner in ihr Heimatland. Mit der Positionierung der DDR zur Sowjetunion, während Nordkorea auf der Seite von China stand, war das Schicksal der binationalen Familien besiegelt. Die DDR war nicht bereit zu intervenieren, und so blieben größtenteils die Frauen mit ihren Kindern zurück. Auch Marion Lauenroth gehörte zu diesen Frauen (wir berichteten). Mit Dze-Hoan Song und Tochter Karen waren sie bereits eine Familie. Als ihr Verlobter Hals über Kopf abreisen musste, lag sie mit Sohn Gunnar schwanger im Krankenhaus.

Für Renate Hong kam die Abreise ihres Freundes ebenso überraschend. Im März, als dieser sein Diplom bekam, verlobten sie sich. Im Mai musste er bereits ausreisen.

„Eine Zeit voller Tränen und Hektik“, erinnerte sie sich. Für einige Zeit wurde die Bindung durch einen Briefwechsel aufrechterhalten. Doch auch dieser Weg der Kommunikation war nicht ganz einfach und verlief irgendwann im Sande. Wer es von den Frauen schaffte, mit dem Vater des gemeinsamen Kindes nach Nordkorea auszureisen, kam nach einiger Zeit traumatisiert zurück, berichtete Thomas Hillmann, einer der Protagonisten des Films, nach der Vorstellung.

Gemeinsam mit Ina Grauer erzählen sie in dem Film ihre Geschichte, die Geschichte ihrer Familie und die vieler anderen. Auch Thomas Hillmann hatte wie Gunar Lauenroth seinen Vater nie kennengelernt, denn diese mussten vor der Geburt ihrer Söhne in ihr Land zurückkehren. Im Gegensatz zu Thomas Hillmann war es Gunar Lauenroth und seiner Schwester Karen im Vorjahr vergönnt, ihren Vater in Nordkorea noch einmal zu sehen. Es ist ein Film der sehr stark berührt, wie viele der Zuschauer nach der Vorstellung bekundeten. Aufgrund des starken Interesses wird der Film noch einmal am Sonntag, 15. November, ab 17.50 Uhr im Filmpalast gezeigt.