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Landgericht Mann wegen Missbrauchs verurteilt

Zu zehn Monaten Gefängnis ausgesetzt zu zwei Jahren auf Bewährung ist am Mittwoch ein Gardeleger verurteilt worden.

Von Wolfgang Biermann 10.12.2015, 01:00

Stendal/Gardelegen l Im Fall einer dem Gesetz nach verbotenen Liebesbeziehung zwischen einem Erwachsenen und einem zur Tatzeit 13-jährigem Mädchen hat das Landgericht Stendal gestern einen 30 Jahre alten Angeklagten aus Gardelegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

Die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler setzte die Strafe für zwei Jahre zur Bewährung aus. „Das ist die denkbar geringste Strafe“, sagte Richter Galler bei Verkündung des Urteils, „das großteils auf dem Geständnis des Angeklagten fußt“. Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die in dem Ganzen einen „atypischen Fall von Kindesmissbrauch“ gesehen und darum eine doppelte Strafmilderung gefordert hatte.

Der Angeklagte hatte zugegeben, von September 2009 bis August 2010 als 24-Jähriger eine sexuelle Beziehung mit einem damals 13-jährigen Mädchen aus seiner Nachbarschaft unterhalten zu haben. Der Sex war einvernehmlich, hatte die heute 19-Jährige als Zeugin ausgesagt. Für beide war es die große Liebe. Angeklagt waren ursprünglich 80 Taten. Der in Kasachstan geborene Angeklagte, der 2002 nach Deutschland kam, hatte laut Anklage im Tatzeitraum regelmäßig zwei Mal in der Woche Geschlechtsverkehr mit der Minderjährigen.

77 Fälle hatte das Gericht am Ende des zweiten Verhandlungstages auf Antrag der Staatsanwaltschaft „zur Prozessverschlankung“ eingestellt. Allein für die verbliebenen drei Fälle hätte er im Regelfall mindestens sechs Jahre ins Gefängnis kommen können, sagte Richter Galler zum Angeklagten. Auch wenn das Ganze ein atypischer Fall sei, sehe das Gesetz nun mal zwei Jahre Haft je Tat als Mindeststrafe vor, weil Kindesmissbrauch einen Verbrechenstatbestand darstelle.

Das Gericht hat strafmildernd einen sogenannten minderschweren Fall angenommen. Der 30-Jährige sei nicht vorbestraft und geständig. Außerdem liege das Geschehen mittlerweile über fünf Jahre zurück. Die gesetzliche Strafbarkeitsgrenze sei knapp verfehlt gewesen. Wäre das Mädchen 14 und nicht 13 Jahre alt gewesen, hätte es kein Verfahren wegen Kindesmissbrauchs gegeben. Als weiteren Milderungsgrund nannte Richter Galler, dass es eine beiderseitige Liebesbeziehung war. Dazu habe das Gericht nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ eine weitere Strafmilderung vorgenommen. Der psychiatrische Gutachter Professor Jürgen-Helmut Mauthe aus Braunschweig hatte dem 30-Jährigen, der unter Betreuung seiner Mutter steht und in einer geschützten Werkstatt einer regelmäßigen Tätigkeit nachgeht, eine Intelligenzminderung sowie eine depressive Störung attestiert.

Er könne eine Minderung der Steuerungsfähigkeit beim Angeklagten zur Tatzeit nicht ausschließen, hatte der Sachverständige ausgeführt. Der Verteidiger hatte eine geringere Strafe gefordert. Seiner Ansicht nach hätten in dem Fall „die Erwachsenen“ versagt. Wen genau er da in der Pflicht sah, blieb offen. Denn von der sexuellen Beziehung zwischen der 13-Jährigen und dem 24-Jährigen wusste zur Tatzeit außer dem Paar laut Zeugenaussagen wohl niemand. Der Angeklagte hatte zwar gesagt, dass er die Mutter des Mädchens vor dem „ersten Mal“ um Erlaubnis gefragt hätte. Das hatte das Mädchen in ihrer Aussage zurückgewiesen. Ihre Mutter habe nur von einem Freund gewusst, dessen Alter aber nicht gekannt.