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Urteil Ratlosigkeit im Saal des Amtsgerichts

Ein Kuhfelder stellte seiner Ex-Freundin nach. Das Verfahren wurde trotzdem eingestellt.

20.01.2016, 01:00

Salzwedel (wo) l Ein wenig ratlos wirkten die Beteiligten am Dienstag nach dem Ende des Prozesses im Amtsgericht Salzwedel. Die Geschädigte schien den Tränen nah, weder Richter noch Staatsanwältin konnten ihr in diesem Moment helfen. Das Verfahren gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten Holger R. (Name geändert) aus Kuhfelde musste eingestellt werden, obwohl dem Angeklagten mit Hilfe von zwei Zeugenaussagen nachgewiesen worden war, dass er sich im Sommer einer einstweiligen Verfügung des Familiengerichtes zweimal widersetzt hatte. Demnach hätte er sich der Kuhfelderin nur auf eine Distanz von 100 Metern nähern dürfen.

Trotzdem hatte der 59-Jährige in mindestens zwei Fällen wieder den direkten Kontakt mit der Frau gesucht: Er war ihr beim Spazierengehen über den Weg gelaufen und hatte vor ihrem Wohnhaus gewartet. „Als wir zur Hilfe gerufen wurden, stand er etwas weiter entfernt auf einem Feld. Er blickte aber ganz klar in unsere Richtung“, berichtete ein Polizist, der von dem Opfer alarmiert worden war. Eine Nachbarin sagte aus: „Ich habe ihn in der Nähe unseres Blocks gesehen. Er stand ungefähr eine halbe Stunde einfach nur da.“

Doch fehlten dem vorsitzenden Richter Klaus Hüttermann bei den Vergehen die Substanz, um das Verhalten des Mannes zu bestrafen: „Das mag zwar für die Geschädigte bitter sein, aber die Schuld des Angeklagten ist zu gering, um ihn zu verurteilen. Außerdem bestehen erhebliche Zweifel an seiner Schuldfähigkeit.“ In der Tat machte der Angeklagte einen desolaten Eindruck. Offenbar angetrunken, schien ihm sein Fehlverhalten überhaupt nicht bewusst zu sein. Empathie für seine Ex-Freundin ließ er komplett vermissen. Stattdessen sprach er von einer „Hexenjagd, die hier gegen mich veranstaltet wird.“

An Holger R. appellierte Klaus Hüttermann, die Einstellung nicht als Freispruch zu interpretieren: „Das Verfahren wird wieder aufgenommen, wenn sich nichts ändert. Also halten Sie sich von der Frau fern.“