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Assistenzhunde Pfiffige Helferin auf vier Pfoten

Evelyn Menke aus Tylsen hat ihre Assistenzhündin Emma stets an ihrer Seite. Sie wirbt um Verständnis für die vierbeinigen Helfer.

Von Antje Mewes 08.02.2016, 02:00

Tylsen l Wenn Emma „arbeitet“, trägt sie ein Trikot, das sie als Behindertenbegleithund der Kynos Stiftung ausweist. Nicht nur, damit die Leute erkennen, dass es sich um einen besonderen Vierbeiner handelt. Emma weiß dann auch, dass Konzentration und Aufmerksamkeit gefragt sind. Sie hat ihr Frauchen Evelyn Menke stets im Blick, ist bereit, schon auf ein kleines Zeichen hin verschiedene hilfreiche Aktionen auszuführen wie Türen und Schubladen zu öffnen oder verschiedene Sachen zu bringen. „Sie kann springen wie ein Gummiball“, sagt Evelyn Menke schmunzelnd. Die promovierte Tierärztin sitzt seit einem Reitunfall im Rollstuhl. Dass sie trotzdem vollkommen unabhängig die verschiedensten Dinge tun kann, verdankt sie auch ihren Assistenhunden. Emma ist bereits ihre dritte Helferin auf vier Pfoten. Nachdem die Vorgänger Fritz und Floh jeweils im Alter von 15 Jahren in den Hundehimmel umgezogen sind, stand Evelyn Menke vor der Frage, wer ihr nächster Begleiter werden soll. Fritzi war ein Bullterrier und Floh ein Jack Russel. Etwas von beiden Rassen wünschte sich die Tierärztin. Und stieß im Internet auf ein Inserat, das sie elektrisierte. In Dresden wurden Mischlingswelpen aus Französischer Bulldogge und Jack-Russel-Terrier angeboten. Ein Volltreffer, wie sich später herausstellte. „Sie hat das nette Wesen der Bulldogge und den Esprit des Jack Russel. Dabei ist sie pfiffig“, berichtet die Tylsenerin. Was für einen Behindertenbegleithund besonders wichtig ist: „Emma ist sehr sozial zu Menschen und anderen Hunden.“

Die dreijährige Hündin erweist sich nicht nur im Heranholen von Dingen oder beim Ziehen des Rollstuhls auf dem Kopfsteinpflaster der Salzwedeler Altstadt als Stütze im Alltag. Sie kann auch auf dem Bauernhof helfen, beispielsweise beim Pferde oder Kühe treiben. Sie begleitet ihr Frauchen in den Wald zum Bäumeauszeichnen. „Ich bin dann mit dem Quad unterwegs“, erzählt Evelyn Menke. Besonders wichtig sei, dass der Hund absolut abrufbar ist. Auch wenn er die Fährte eines Wildtieres in der Nase hat. Außerdem kann Emma Hilfe von Zuhause holen, wenn irgendwas passiert.

All das hat sie in ihrer Ausbildungszeit bei der Kynos Stiftung gelernt. Dort bereiten entsprechend geschulte Trainer die Hunde auf ihre Aufgabe vor. Das Training ist speziell auf die Bedürfnisse des späteren Halters abgestimmt. Geübt wird deshalb auch im häuslichen Umfeld, und es gibt Teamschulungen. Die meisten Assistenzhunde wachsen in einer Familie auf, bis sie ein- bis anderthalb Jahre alt sind. Dort lernen sie den Grundgehorsam und soziale Kompetenzen. Dann erfolgt die Ausbildung, die mehrere Jahre dauern kann. Zu den Assistenzhunden, die die Kynos Stiftung ausbildet, gehören: Blindenführhunde, Behindertenbegleithunde, Therapiehunde, Hör- und Signalhunde. Bis zu 20  000 Euro fallen an Aufwendungen an, bis ein Assistenzhund an seinen Halter abgegeben werden kann. Spenden helfen beim Aufbringen der Kosten.

Als erfahrene Hundehalterin hat Evelyn Menke Emma selbst aufgezogen, ihr das Einmaleins der Hundeschule beigebracht, ehe es zum Spezialtraining ging. Die beiden sind inzwischen ein eingespieltes Team.

Nicht immer ist es gern gesehen, wenn sie die Hündin überall mit hin nimmt. Manch einer mag einen Hund nicht in seiner unmittelbaren Nähe, beispielsweise in Ämtern, Restaurants oder Einkaufsläden. Obwohl Emma äußerst brav ist und niemanden belästigt, nicht bellt oder knurrt, gibt es schon mal schiefe Blicke.

Richtig Ärger bekam Evelyn Menke aber wegen Fritz. Als Bullterrier wurde er als Listenhund eingestuft, und das bedeutete in einigen Einrichtungen Hausverbot. Auch als Behindertenbegleithund. Die Tylsenerin hat deshalb immer wieder gegen das sachsen-anhaltinische Hundegesetz interveniert. Sie besuchte Landtagssitzungen, auch als es jüngst um das Zuchtverbot für die sogenannten Kampfhunderassen ging. Obwohl Fachleute wie Tierärzte und -psychologen, Vertreter der Polizei und des Hundezuchtwesens befragt wurden und sich gegen die Regelung ausgesprochen hatten, fand sie im Landtag eine Mehrheit und ist in Kraft getreten. Soviel Ignoranz seitens der Politik nötigt der Tylsenerin ein Kopfschütteln ab. Nach wie vor führt der Schäferhund bundesweit die Liste mit Beißvorfällen an. Selbst der Dackel schnappt öfter zu als die sogenannten Kampfhunde.

Wenn es zu Attacken dieser Rassen auf Menschen oder andere Hunde kommt, hat in jedem Fall der Besitzer des Angreifers Schuld. Deshalb plädiert die Tylsenerin für einen Hundeführerschein, den jeder Halter erwerben muss, ehe er sich ein Tier zulegt.

Der Verein ‚Hunde für Handicaps‘ schreibt aus Anlass seines 25-jährigen Bestehens erstmals den Wettbewerb „Das Goldene Team“ aus. Assistenzhundhalter, die auf ihren Vierbeiner angewiesen sind, können sich bis zum 15. März mit einem Video bewerben. Alle Informationen sind auf www.das-goldene-Team.de zu finden.