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Straßenbau Glupes Erben wird zum Bremsklotz

Die ursprünglichen Ausbauvariante des Kurvenbereichs Vorderstraße/Lindenwall/Altes Tor in Apenburg soll bestehen bleiben.

Von Walter Mogk 16.02.2016, 02:00

Apenburg l Einen Zeitverzug und erheblichen finanziellen Mehraufwand für die Gemeinde fürchtet Apenburg-Winterfelds Bürgermeister Harald Josten, wenn er an die plötzlich aufgetauchten Probleme beim geplanten Abriss zweier Gebäude im Kurvenbereich Vorderstraße/Lindenwall/Altes Tor in Apenburg denkt. Diese stehen unter Denkmalschutz, so dass erst Genehmigungen eingeholt werden müssen (Volksstimme berichtete am 11. Februar).

Im Fall des heruntergekommenen Fachwerkhauses Vorderstraße 35, besser unter dem Namen Glupes Erben bekannt, ist sogar nicht ausgemacht, dass das Haus überhaupt abgerissen werden darf. Es ist als Einzelbaudenkmal eingetragen. Ein Kunsthistoriker von der Oberen Denkmalschutzbehörde hat sich kürzlich im Rahmen eines Vor-Ort-Termins mit Vertretern der Gemeinde, des Bauamtes, der Landesstraßenbaubehörde (LSBB), des Planungsbüros und der unteren Denkmalschutzbehörde beim Altmarkkreis das Gebäude angesehen und nach Jostens Aussage eine Stellungnahme gegen den Abriss angekündigt. „Seiner Meinung nach ist das Haus dorfbildprägend und ist mit seinem Charakter als Eckgebäude schützenswert“, erklärte der Bürgermeister.

Der Vorschlag des Experten: Die LSBB sollte für die geplante Kurvenentschärfung über eine andere Trassenführung nachdenken und auch alternativ den Bau einer Ortsumgehung überlegen. Im Gemeinderat löste diese Nachricht Kopfschütteln und entsetzte Reaktionen aus. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die seit 20 Jahren dafür kämpfen, dass dieser Schandfleck verschwindet“, schimpfte der Apenburger Mark Wöllmann. Harald Josten wies den Vorschlag einer Ortsumgehung von sich. „Das wird nicht stattfinden, dafür nimmt keiner Geld in die Hand. Entweder wir bekommen die Abrissgenehmigung oder wir warten, bis das Haus allein zusammenfällt“, meinte er.

Auch die LSBB hält an der Ausbauvariante fest, nach der die Landesstraße künftig über die Grundstücke der beiden abzureißenden Häuser führen und der Einmündungsbereich mit Fahrbahnteilern aufgeweitet werden soll. „Alternativlösungen wurden bereits im Vorfeld geprüft und sind bei einem regelgerechten Ausbau der L11 nicht möglich“, stellte Regionalbereichsleiter Manfred Krüger auf Anfrage der Volksstimme klar.

Für das leerstehende Gebäude Vorderstraße 44, das sich im denkmalgeschützten Bereich befindet, hat die LSBB als neuer Eigentümer die Abrissgenehmigung noch nicht beantragt. Dies soll aber demnächst geschehen, unter Einschluss einer denkmalrechtlichen Genehmigung für den gesamten zweiten Teilabschnitt der Vorderstraße, bestätigte Krüger.

Über Glupes Erben entscheidet letztendlich das Landesverwaltungsamt als obere Denkmalschutzbehörde. „Das Verfahren läuft“, erklärte Harald Josten. Allerdings lag der Behörde bis Freitag ein Antrag auf denkmalrechtliche Abrissgenehmigung noch nicht vor, wie Pressesprecherin Gabriele Städter der Volksstimme bestätigte.

Die Gemeinde habe im Übrigen nur dann einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung, „wenn ein Eingriff aus nachgewiesenen wissenschaftlichen Gründen im öffentlichen Interesse liegt, ein überwiegendes öffentliches Interesse anderer Art den Eingriff verlangt oder die unveränderte Erhaltung des Kulturdenkmals den Verpflichteten unzumutbar belastet“, erläuterte Städter die Rechtslage.

Verpflichteter ist übrigens die Gemeinde. Denn die hat das Grundstück quasi kostenfrei übertragen bekommen, nachdem mühsam der Verzicht aller Mitglieder der Erbengemeinschaft und eines Hypothekenschuldners eingeholt wurde. Statt des Abrisses muss sich die Gemeinde als Eigentümer jetzt plötzlich um die Sicherung kümmern. „Wenn Steine vom Dach zu fallen drohen, stellen wir eben einen Bauzaun bis zur Gosse drumherum“, meinte der Bürgermeister sarkastisch. In diesem Fall dürften Laster allerdings Probleme beim Fahren durch die engen Kurven bekommen.

Unklar ist, warum niemandem im Vorfeld aufgefallen ist, dass Glupes Erben als Einzeldenkmal unter Schutz steht. Harald Josten betonte im Rat, dass dies der Gemeinde nicht bekannt gewesen sei. Auch das Bauamt der Verbandsgemeinde hätte keine diesbezüglichen Informationen gehabt. „Es wird dort derzeit aber geprüft, ob jemand etwas übersehen hat“, so Josten.

Nach Auskunft der LSBB hatten die Behörde und auch die Gemeinde aber immerhin „Kenntnis darüber, dass sich die beiden Häuser im denkmalgeschützten Bereich befinden könnten“. Zumindest ein Blick ins Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt, das gemeindeweise über das Internetlexikon Wikipedia für jedermann zugänglich ist, hätte die zusätzliche Überraschung über den Einzeldenkmalstatus vielleicht vermeiden können.