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Streik Alle Bänder stehen für Stunden still

Bei Glunz in Nettgau stehen die Zeichen auf Sturm. Am Mittwoch legten mehr als 200 Beschäftigte die Arbeit nieder.

Von Walter Mogk 17.03.2016, 02:00

Nettgau l Ungewohntes Bild gestern Mittag in Nettgau: Aus den riesigen Schornsteinen des Holzwerkstoffzentrums der Glunz AG kommt plötzlich kein Rauch mehr, dafür stauen sich die Holztransporter vor dem Werkstor. Für zweieinhalb Stunden steht im Betrieb alles still, die Beschäftigten folgen dem Aufruf der IG Metall zum Warnstreik. Mehr als 200 sind es schließlich, die sich vor dem Werk versammeln, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen: Rückkehr zur Tarifbindung und Verzicht auf die Kürzungspläne, die das Unternehmen auf den Tisch gelegt hat.

IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine nannte den Austritt von Glunz aus dem Tarifbereich eine „bodenlose Unverschämtheit“. Die Beschäftigten in Nettgau, die in drei Schichten rund um die Uhr arbeiten, hätten es nicht verdient, „mit Tarifflucht und Lohnkürzungen bestraft zu werden“. Dass sie nach dem Willen des Unternehmens künftig eine Stunde länger in der Woche arbeiten und dafür zwei Jahre lang auf Lohnerhöhungen verzichten sollen, sei nicht akzeptabel. Seine Forderung: Rückkehr in den Tarifbereich oder Abschluss eines Anerkennungstarifvertrages. Sollte das nicht passieren, sei man kampfbereit. „Die Streikkasse der IG Metall ist gut gefüllt“, drohte Meine.

Auch Wilfried Hartmann, Verhandlungsführer der Gewerkschaft, gibt sich entschlossen. Weitere Warnstreiks seien möglich. Wenn diese nicht fruchten, sei man nach erfolgter Urabstimmung auch zu einem unbefristeten Arbeitskampf bereit, bestätigte er der Volksstimme. Wieviel Zeit dem Unternehmen zum Einlenken gegeben wird, wollte Hartmann aus taktischen Gründen nicht sagen. „Aber eines ist klar: Wir warten nicht unendlich“, meinte er.

Nettgaus Betriebsratschef Axel Krüger freute sich über die große Unterstützung der Mitarbeiter beim Warnstreik. „Das zeigt, dass ihr nicht bereit seid, euch Kohle wegnehmen zu lassen“, rief er den Streikenden zu, die von Kollegen von VW und Autovision unterstützt wurden. Die IG Metall hat errechnet, dass die Annahme des Glunz-Angebots einen Einkommensverlust von 3000 Euro jährlich bei 70 Stunden Mehrarbeit für jeden Mitarbeiter bedeuten würde. „Bei diesen Aussichten haben uns einige gut ausgebildete Facharbeiter schon verlassen, andere warten ab und sind weg, sobald sie anderswo Arbeit bekommen“, berichtete Axel Krüger.

Von Glunz selbst gab es gestern wie schon in den vergangenen Wochen keine Stellungnahme zum Tarifkonflikt. Werkleiter Yuriy Aushev hörte sich die Reden während der Streikversammlung in der hinteren Reihe an und verschwand anschließend kommentarlos im Verwaltungsgebäude.