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Blumenstrauß Die Lust aufs Lesen wecken

Der Blumenstrauß des Monats April geht an Anke Feldmann. Die Diesdorferin übt trotz Sehbehinderung mit Grundschülern das Lesen.

Von Anke Pelczarski 09.04.2016, 03:00

Diesdorf l „Was, der Strauß ist wirklich für mich? Das kann nicht sein“: Anke Feldmann ist sichtlich gerührt, als sie die farbenfrohen Blumen in der Grundschule Dr. Georg Schulze Diesdorf entgegen nimmt. „Ja, er ist wirklich für dich. Denn wir haben im Kollegium überlegt, dass wir dir für deine Hilfe auch mal auf besondere Weise danken können, nämlich mit dem ,Blumenstrauß des Monats‘ der Volksstimme“, erklärt Schulleiterin Doritt Bock. Die Geehrte umarmt sie herzlich.

„Wir sind sehr dankbar, dass Anke Feldmann dreimal in der Woche, zwischen Unterrichtsende und Hortbeginn, zu uns kommt, um mit den Kindern lesen zu üben“, fügt sie hinzu. Anke habe sich auch die Aktion mit dem Märchen des Monats ausgedacht, um die Schüler zu animieren, einmal öfter zum Buch zu greifen. „Dann geht es um den Inhalt der Geschichte. Denn es gilt, Fragen zu beantworten. Für die Besten gibt es zum Schuljahresende einen Buchpreis“, sagt Doritt Bock. Im Essensraum könne übrigens der Zwischenstand verfolgt werden. Auch dafür sorge Anke Feldmann. Und wenn bei Festen Helfer gebraucht werden, dann sei die Diesdorferin immer mit dabei, lobt die Schulleiterin.

Die 47-Jährige ist immer noch ganz aufgewühlt. So ein schöner Blumenstrauß, extra für sie. Die ersten Erstklässler kommen herein. Ben Schneegaß nimmt neben ihr Platz. „Willst du aus deiner Fibel lesen oder aus meiner?“, möchte Anke Feldmann wissen. Rasch ist diese Frage entschieden. Und schon liest der Junge über zwei Geschwister, die Verschiedenes im Supermarkt einkaufen. „Das hast du gut gemacht“, lobt die Diesdorferin und stempelt ein Bienchen ins Hausaufgabenheft. „Damit die Eltern sehen, dass ihre Kinder das Angebot genutzt haben“, erklärt sie. Mit einem grünen Punkt vermerkt sie in ihrer Liste die Teilnahme.

Während ein Schüler liest, malen andere bereitgelegte Bilder aus. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. „18 Erstklässler, 4 bis 5 Zweitklässler und 3 Drittklässler kommen in der Regel zu mir“, schildert Anke Feldmann. Da sei es manchmal nicht ganz so leicht, konzentriert zu bleiben. Zum Glück recht selten müsse sie die Notbremse ziehen. „Wer gehen muss, der bekommt einen roten Punkt. Der ist aber nicht gern gesehen“, fügt sie lächelnd hinzu und wendet sich dem nächsten Erstklässler zu. Wieder geht es ums Einkaufen, um Brot, Eier, Eis, Butter und Reis. Geduldig hört die Diesdorferin zu, hilft, wenn es mal an einem Wort hapert, lobt, wenn flüssig vorgelesen wird. „Die Erstklässler müssen noch ein bisschen geschubst werden, dass sie ins Buch gucken“, meint Anke Feldmann. Sie hat einen kurzen Draht zu den Klassenlehrern, weiß, welcher Buchstabe gerade dran ist. „Hier zu helfen, das macht mir richtig Spaß. Das ist besser, als zu Hause rumzusitzen“, verrät Anke Feldmann. Manchmal testet sie auch, ob die Kinder einen Text auswendig können oder wirklich lesen, was auf dem Papier steht. Das lasse sich leicht überprüfen. „Deshalb hatte ich auch die Idee mit dem Märchenquiz. Denn da geht es auch um die Inhalte. Denn Lesen und Lesen sind zwei verschiedene Sachen“, weiß Anke Feldmann.

Seit vier Jahren kommt sie ehrenamtlich in die Grundschule. „Ich bin froh darüber, dass ich hier gebraucht werde“, erzählt die Diesdorferin, die vor ihrer Erkrankung für Sauberkeit in der Schule gesorgt hat. Dass sie unter einer Augenkrankheit leide, das wissen die Wenigsten. „Es gibt so gute Hilfsmittel wie Kontaktlinsen heutzutage. Damit kann ich ganz gut umgehen“, beschreibt sie.

Um auch anderen Mut zu machen, leitet Anke Feldmann die Diesdorfer Ortsgruppe des Blinden- und Sehbehindertenverbandes. „Andere Betroffene gucken mich manchmal komisch an, dass ich mich in der Schule so engagiere. Aber wenn ich merke, wie sich die Kinder entwickeln, wie sie beim Lesen einen Sprung machen, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe“, sagt die 47-Jährige und wendet sich dem nächsten Vorleser zu.