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Integration Schulen bangen um Sprachlehrer

Vier Sprachlehrer an den Schulen in Salzwedel verlieren wahrscheinlich zum Jahresende ihren Job. Die Schulen trifft das gleich doppelt.

Von Alexander Walter 05.11.2016, 02:00

Salzwedel l „Das ist eine traurige Geschichte“, sagt Heike Herrmann, Leiterin der Salzwedeler Lessing-Ganztagsschule, zum bevorstehenden Ende des Sprachlehrer-Programms. Von den aktuell 368 Schülern ihrer Einrichtung stammen 42 aus dem Ausland. Eine hohe Quote, viele Kinder kommen ohne Deutschkenntnisse.

Anteil daran, dass die Integration trotzdem klappt, hatte in den vergangenen Monaten der pensionierte Pädagoge Michael Sender-Thoms. Seit Februar ist er dank eines Projekts des Landes als Sprachlehrer mit zwölf Wochenstunden an der Schule tätig. „Er macht eine gute Arbeit“, lobt die Leiterin. Und er wird dringend gebraucht. Ohne Lehrkräfte wie ihn würden Kinder ohne Deutschkenntnisse häufig einfach nur in den Regelunterricht gesetzt – mit allen negativen Folgen.

Auch an der Comeniusschule, der Lessing- und der Pervergrundschule arbeitet jeweils ein Sprachlehrer. Für sie – wie für 180 weitere Sprachlehrer im Land – endet trotz Protesten der Lehrergewerkschaft GEW zum Jahreswechsel wohl das Beschäftigungsverhältnis.

Wie die Schulen anschließend die Sprachförderung für Kinder ohne Deutschkenntnisse realisieren sollen, steht derzeit in den Sternen.

„Mit uns wurde nicht gesprochen“, sagt Heike Herrmann zur Vorgabe des Ministeriums. „Es trifft die, die sowieso schon arm dran sind.“ Bei der aktuellen Situation könne die Lessingschule den Ausfall gerade noch kompensieren. „Ein Problem bekommen wir aber, wenn wieder mehr Flüchtlinge kommen.“

An der gleichnamigen Lessing-Grundschule kommt hinzu, dass die Stunden der eingestellten Sprachlehrerin in die Unterrichtsversorgung eingehen. „Die Kollegin deckt neben 15 Stunden Sprachunterricht auch Freizeitangebote und Aufsichten ab“, sagt Leiterin Christine Dürrenfeld. Werde sie abgezogen, rutsche die Einrichtung unter das Soll.

Heißt: Bei 137 Kindern in der Eingangsphase und nur einem pädagogischen Mitarbeiter kann die Grundschule dem zentralen Auftrag, jeden Schüler individuell zu fördern, kaum noch gerecht werden. „Wir sind ja bereit, uns den Aufgaben zu stellen“, sagt Dürrenfeld. „Aber wir können das eben nicht mit einem Minimum an Personal leisten.“

Stefan Thurmann, Sprecher des Bildungsministeriums, sieht die Lage weniger dramatisch: „Wir sprechen im nächsten Jahr über sinkende Bedarfe.“ Zudem habe es bereits 2015 – vor dem Sprachlehrerprogramm also – 2000 Kinder mit Migrationshintergrund an den Schulen des Landes gegeben, ohne einen einzigen Sprachlehrer. „Es war von Anfang an klar, dass das Projekt befristet ist“, ergänzt der Sprecher.

Jeder Sprachlehrer habe zudem die Möglichkeit, sich als Quereinsteiger erneut zu bewerben. Vorrang habe dabei allerdings die Einstellung von ausgebildeten Lehrern. Das Land sei hier nicht untätig gewesen. Allein 2016 habe man 720 Lehrer eingestellt. „Zum 1. Januar warten erneut 110 Referendare auf eine Stelle.“

Norbert Hundt, Leiter der Comenius-Ganztagsschule, kann sich an einen Andrang von Absolventen in den zurückliegenden Monaten nicht erinnern. Auch wenn der Sprachlehrer an seiner Schule laut Ministerium nicht in die Unterrichtsversorgung eingeht, werde sein Weggang ein Loch in die Planungen der Schule reißen. „Es wird nicht einfacher, schon jetzt liegen wir bei nur 88 Prozent Unterrichtsversorgung“, sagt Hundt. Stellen seien ständig ausgeschrieben. „Aber es sind leider keine Bewerber da.“