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AfD-Veranstaltung Höcke wie Star gefeiert

Protest draußen, markige Worte drinnen. Der AfD-Bürgerdialog ging in Salzwedel ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne.

Von Antje Mewes 27.01.2020, 02:00

Salzwedel l Die Zeit bis zum geplanten Beginn des AfD-Bürgerdialogs verrinnt. Landtagsabgeordneter Ulich Siegmund rennt ein ums andere Mal aus dem Foyer des Kulturhauses nach draußen, telefoniert, spricht mit den Polizisten. Seit gut einer Stunde steckt ein Bus mit AfD-Politikern und Anhängern der Partei in einer Sitzblockade von Demonstranten am Salzwedeler Chüdenwall fest. Es wird über verschiedene Strategien beraten.

Dabei geht es darum, die dem rechten Flügel der AfD angehörenden Björn Höcke und Andreas Kalbitz sicher zum Veranstaltungsort zu bekommen. Gegen sie richten sich Unmut und Wut der Protestler im Besonderen.

Über einen Schleichweg gelangt der Bus zum Hintereingang des Kulturhauses. Unterdessen ist der Saal bereits mit rund 400 Gästen gefüllt. 300 Plätze waren gestellt, Stühle werden dazu geholt, einige Leute stehen am Rand.

Sie sind zuvor von den Polizisten durch die Absperrung auf dem Kulturhausvorplatz gelassen worden. Aufgrund der hohen Anzahl der Protestierenden, ist er – anders als ursprünglich geplant – zu einem Teil als Demo-Fläche geöffnet. Die Dialog-Besucher kommen durch die vor den Absperrungen stehenden Menschenmenge nicht in jedem Fall unbehelligt ins Haus. Es bleibt bei ruppigen Wortwechseln und Drängeleien. Handgreiflichkeiten verzeichnet die Polizei nicht.

Die beiden Gastredner lassen weiter auf sich warten, dass sie im Panzerfahrzeug zum Veranstaltungsort gebracht werden müssen, wie vor Ort gestreut, bestätigt die Polizei nicht.

Als die AfD Fraktionsvorsitzenden Thüringens und Brandenburgs in den Saal kommen, branden Beifall und Jubel auf. Besonders Höcke wird gefeiert, die große Mehrheit der Anwesenden erhebt sich. Ein Zeichen dafür, dass überwiegend AfD-Anhänger zum Bürgerdialog gekommen sind.

Und so verwundert es nicht, dass alle Aussagen der im Podium sitzenden AfD-Landespolitiker begeistert aufgenommen und beklatscht werden. Höcke begrüßt das Publikum mit den Worten: „Was für eine Anreise!“ Dann verteilt er eine allgemeine Medien- und Presseschelte. Und auch die Polizei bekommt ihr Fett weg, deren Deeskalationsstrategie gegen linke Demonstranten sei „dämliche Infantilität“.

Das Thema des Abends sind „Linksextreme Seilschaften“. Besonders im Fokus der AfD: Der Verein Miteinander mit Sitz in Salzwedel und das Linksautonome Zentrum Kim Hubert, in dem die G20-Krawalle mit vorbereitet worden seien, heißt es. Die Polizei hat dazu keine Erkenntnisse, wie sie auf Volksstimme-Anfrage mitteilt. Das hätten deren Anhänger in ihrem eigenen Blog veröffentlicht, weiß Siegmund. Für ihn ein klares Zeichen linker Seilschaften in Salzwedel. Der mit Steuergeld finanzierte Verein habe das vom Verfassungsschutz beobachtete Zentrum mit einem Spendenaufruf unterstützt.

Jener Verfassungsschutz, der von Kalbitz als „Etabliertenschutz“ bezeichnet wird und dem die AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt vorwirft, die Zahl der Straftaten aufgrund einer falschen Betrachtungsweise zugunsten der Linken „hinzurechnen“. Gewettert wird auch gegen geförderte Programme wie „Demokratie leben“ oder „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

Schließlich dürfen Fragen gestellt werden. Da ist der Abend schon weit fortgeschritten. Geschichtslehrer Holger Thiel aus Salzwedel will von Höcke wissen, wie er zu seiner Dresdner Rede steht. Die habe er von seinen Schülern analysieren lassen. Seine Fragen gehen in lauten Buhrufen und Beschimpfungen unter. Er stehe zu jedem Wort der Rede, in der er das Holocaust-Mahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“ bezeichnet hatte, entgegnet Höcke. Er sei falsch interpretiert worden und habe vielleicht nicht jede Tonlage so getroffen, wie er sie gemeint habe.

Stadtratsvorsitzender Gerd Schönfeld fragt, warum Höcke bei einem Trauermarsch in einer Reihe mit Rechtsextremisten marschiert ist. Es sei bei Veranstaltungen auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht auszuschließen, dass Leute sie nutzen, um ihre politischen Botschaften loszuwerden, lautet sinngemäß die Antwort.

Weitere vier Wortmeldungen richten sich unter anderem gegen das Ziel der Klimaneutralität der EU bis 2050 und es geht um die Möglichkeit, Linksextreme stärker zu überwachen.

Dann ist Schluss. Einige Teilnehmer suchen noch das Gespräch mit den Politikern und es werden Fotos von und mit Höcke gemacht.