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Alle Heime voll Das Pflegeplatz-Dilemma

Trotz vier Pflegeheimen haben Angehörige in Salzwedel kaum Chancen, pflegebedürftige Familienmitglieder unterzubringen.

Von Fabian Laaß 11.10.2017, 01:01

Salzwedel l Allein die Vorstellung, ein Familienmitglied könnte plötzlich zum Pflegefall werden, ist schrecklich. Für die Angehörigen bedeutet dies oft eine große Umstellung in ihrem Lebensalltag. Vor allem aber stehen sie unter immensem Druck. Soll oder kann der Betroffene zu Hause betreut werden oder muss er in eine Pflegeeinrichtung umziehen? Ist ein Platz in der Nähe zu bekommen oder müssen weite Strecken in Kauf genommen werden, um Verwandte besuchen zu können?

Für die Angehörigen ist vor allem der zeitliche Druck extrem. Salzwedel verfügt zwar insgesamt über vier Pflegeheime, freie Plätze gibt es dort allerdings nicht.

„90 Prozent unserer Bewohner kommen direkt aus dem Krankenhaus zu uns. Sie haben vorher meist selbstständig zu Hause gelebt und können es nach einer Erkrankung nicht mehr“, berichtet Marion Vongehr-Bülow, Geschäftsführerin des Seniorenzentrums Vita.

Die Vita verfüge über 150 vollstationäre Pflegeplätze in zwei Einrichtungen, die allesamt belegt seien. „Eine Warteliste gibt es bei uns aber nicht. Das halte ich nicht für sinnvoll, da die Plätze ja meist sofort benötigt werden“, sagt die Vita-Chefin.

Die Nachfrage nach freien Plätzen sei aber nicht konstant, sondern gleiche eher einer Wellenbewegung. „Manchmal haben wir fünf freie Plätze und dann kommen plötzlich sieben oder acht Anfragen. Das hängt auch damit zusammen, wann im Krankenhaus entlassen wird“, so Marion Vongehr-Bülow. Sie könne es verstehen, dass Pflegeplatzsuchende oftmals verzweifelt seien und nicht verstehen können, warum ihr schwerkranker Angehöriger nicht aufgenommen werden könne, aber jemand, der offensichtlich leichter erkrankt sei, einen Platz habe.

Eine Warteliste gibt es beispielsweise im Pflegeheim „Am Karlsturm“. Die dort vorhandenen 42 Plätze sind derzeit ausgeschöpft, ebenso die 64 Plätze im Seniorenheim „Jeetzeblick“. „Wir fassen die Anmeldungen auf einer Liste zusammen. Wie lange es dauert, bis wieder etwas frei wird, können wir aber nicht sagen“, erklärt Maximilian Stranz, Mitarbeiter in der Verwaltung im „Jeetzeblick“. Und auch in der vierten Salzwedeler Pflegeeinrichtung „Birkenhof“ geht derzeit nichts.

Ein Problem, das alle Pflegeheime betrifft, ist der Personalschlüssel, den die Einrichtungen zu beachten haben. So würden einige Heime ihre Kapazitäten gern erweitern, können dies jedoch nicht, ohne gegen den Personalschlüssel zu verstoßen. Schließlich ist Fachpersonal nur schwer zu bekommen. Lediglich in der Vita ist das Fachkräfteproblem nicht so gravierend, da dort im größeren Stil ausgebildet wird.

Entscheidend für die benötigte Anzahl an Fachkräften ist der Pflegegrad der Bewohner. Dieser wird vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) festgelegt. „In der Regel dauert es von der Antragstellung bis zum Bescheid bis zu 25 Arbeitstage. Der Antrag muss bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden“, erklärt Mandy Paraskewopulos, Referentin im Fachbereich Kommunikation des MDK.

Für die Begutachtung kommt ein Mitarbeiter des MDK – es handelt sich um speziell ausgebildete Pflegefachkräfte oder Ärzte – zum Hausbesuch, das kann auch ein Alten- oder Pflegeheim sein. Dabei stellt der Gutachter fest, wie selbstständig der Versicherte seinen Alltag gestalten kann und wobei Hilfe benötigt wird. „Die Gutachter wollen einen Eindruck von der persönlichen Pflegesituation gewinnen. Daher sollte im Gespräch geschildert werden, mit welchen Einschränkungen der pflegebedürftige Mensch zurechtkommen muss und was genau im Alltag Schwierigkeiten macht. Deshalb sollte eine vertraute Person beim Hausbesuch des MDK anwesend sein“, berichtet Mandy Paraskewopulos. Der Hausbesuch könne bis zu einer Stunde dauern.