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An alter Stätte Ein Fotograf porträtiert Salzwedeler

Yakup Zeyrek fotografiert Menschen vor Gebäuden, in denen sie einst arbeiteten. Jetzt ist er in Salzwedel unterwegs.

Von Malte Schmidt 29.10.2016, 03:00

Salzwedel l Werner Benkert muss nicht lange in seinem Aktenkoffer suchen, um ein Heft hervorzuholen, das älter als 70 Jahre ist. Nach wenigen Sekunden zieht er das leicht vergilbte Stück Zeitgeschichte hervor. „Das ist eines meiner Berichtshefte, in denen habe ich alle Arbeiten, die ich am Tag gemacht habe, notiert“, erzählt der Salzwedeler stolz. Es war Donnerstag, der 1. Juli 1943, wie er sich genau erinnert, als er am ehemaligen Fliegerhorst in Salzwedel eine Ausbildung zum Metallflugzeugbauer begonnen hat.

Fasziniert davon fotografiert der Stuttgarter Yakup Zeyrek den 87-Jährigen auf dem Fliegerhorstgelände während dieser weiter in einem der Ausbildungshefte herumblättert. Werner Benkert erzählt, dass das Heft jede Woche vom Meister kontrolliert und benotet wurde und wie er anhand eines Lehrplans arbeiten musste.

Genau solche Geschichten begeistern Yakup Zeyrek, der es sich vor einem Jahr zur Aufgabe gemacht hat, Menschen vor zerfallenen Gebäuden oder Fabriken zu fotografieren. Er möchte mit diesen Fotos eine geschichtliche Brücke schlagen und erhält somit nicht nur die Erinnerung an die Gebäude, sondern auch die Geschichten der Menschen, die einst darin gearbeitet haben. „Ich habe beruflich viel im östlichen Teil Deutschlands zu tun und ihn kennen und lieben gelernt“, sagt der 57-Jährige. Der gelernte Fotograf erzählt weiter, dass er zwischen seinen Jobs immer Zeit habe, um sich die Gegenden anzusehen. So sind ihm des Öfteren die verlassenen und kaputten Gebäude wie Hallen oder Häuser aufgefallen, die er schon immer gerne fotografiert hat.

„Irgendwann kam die Leiterin eines Museums zu mir, mit dem ich schon lange zusammenarbeite, und fragte mich, ob ich nicht eine meiner Serien ausstellen wollen würde“, erzählt Yakup Zeyrek. So kam ihm die Idee mit den Menschen und Gebäuden.

Daraufhin hat er begonnen, sich auf die Suche zu machen. Irgendwann ist er mit Corinna Köbele, Chefin der Künstlerstadt Kalbe, ins Gespräch gekommen. Sie hat Zeyrek darauf aufmerksam gemacht, dass die Volksstimme seit zwei Jahren eine Serie namens „Vergessene Orte“ hat. „Daraufhin habe ich mich bei Marco Heide gemeldet, der die Serie damals ins Leben gerufen hat. Er ermöglichte mir den Kontakt zu Danilo Kopka“, blickt Yakup Zeyrek zurück.

Kopka beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Geschichte des Fliegerhorstes, um sie für die Nachwelt aufrechtzuerhalten – unter anderem zusammen mit Werner Benkert, Heinz Bowe, Rolf Riesebietter und Fritz Reppin: „Die drei waren damals ein Lehrjahr vor mir“, sagt Benkert. Wenn der 87-Jährige zurückblickt, so wisse er schnell, wann er das Interesse daran gewann, auf einem Fliegerhorst zu arbeiten.

„Ich bin 1928 in Würzburg geboren worden. Mein Vater war damals Flugzeugtischler auf einem Fliegerhorst in der Stadt“, so Benkert. Danach sei es weiter nach Fürth und dann nach Salzwedel gegangen. „Ob in Würzburg oder Fürth, ich habe meinen Vater oft zur Arbeit begleitet. So kam es, dass ich 1943 meine Ausbildung in Salzwedel begonnen habe. Hier zum Beispiel haben wir geschlafen“, sagt Benkert und zeigt auf die ehemalige Unterkunft des Fliegerhorstes, vor der er von Yakup Zeyrek an dem Tag fotografiert wurde.

Die Bilder der Menschen, die Yakup Zeyrek fotografiert hat, werden ab dem kommenden Jahr in einem Museum in Kornwestheim, in Baden-Württemberg, zu sehen sein. „Es wird eine Wanderausstellung, die ja vielleicht auch in Salzwedel für ein paar Monate einen Platz finden könnte“, sagt Zeyrek.