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Anzeige Rundumschlag aus Kemnitz

Besorgte Bürger haben in einem Schreiben Anzeigen gegen Stadtmitarbeiter, Stadträte und Salzwedels Bürgermeisterin bekannt gegeben.

Von Alexander Walter 01.09.2016, 01:01

Kemnitz l In ihrem Schreiben holen die als „besorgte Bürger“, aber ohne Klarnamen unterzeichnenden Verfasser, gleich in der Betreffzeile zum Rundumschlag aus: „Anzeige gegen Unbekannt – Mitarbeiter der Stadtverwaltung, des Stadtrates sowie die amtierende Bürgermeisterin und ihre Vorgängerin“, steht im Kopf des Briefes. Adressiert ist das auf den 18. August datierte Schreiben außer an die Kommunalaufsicht des Altmarkkreises auch an die Staatsanwaltschaft Stendal.

Anlass sind der aus Sicht der Verfasser widerrechtliche Verkauf sowie die Bebauung eines Teils des Dorfplatzes in Kemnitz. Nachdem der Reitverein als Besitzer eines Teils der Fläche seinen Pachtvertrag aufgegeben hatte, verkaufte die Stadt die Fläche im Sommer an einen privaten Interessenten. Der stellte am 7. April den Bauantrag für ein Einfamilienhaus mit Garage. Das Bauordnungsamt erteilte am 29. August die Genehmigung.

Die Bauaktivitäten verstoßen nach Ansicht der Brief-Unterzeichner gegen das Integrierte Stadtentwicklungskonzept 2020, das eine Eigenentwicklung der Ortslagen ausschließlich „innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortslagen beziehungsweise innerhalb rechtsverbindlicher Bebauungspläne“ empfehle.

„Der Dorfplatz an der Rückseite der Gaststätte ist der Ort, an dem die Dorfbevölkerung seit Jahren zu großen und kleine Festen zusammenkommt. Die Bebauung einer Teilfläche würde den Charakter des Dorfes zerstören, die Dorfgemeinschaft beeinträchtigen und ihres gewohnheitsmäßigen Rechts berauben“, argumentieren die Verfasser. Der Dorfplatz sei keine Baulücke. Die Baugenehmigung widerspreche den Feststellungen des Stadtentwicklungskonzepts.

Die Unterzeichner zweifeln aber nicht nur die Rechtmäßigkeit der Bebauung, sondern auch die des Verkaufs an, da es nie eine nachvollziehbare öffentliche Ausschreibung gegeben habe. „Ist dem so, wäre zu unterstellen, dass einige Personen ihre Funktionen zu ihrem persönlichen Vorteil genutzt haben“, heißt es im Brief. Wer gemeint ist, bleibt offen.

Zum Hintergrund ergänzen die Unterzeichner allerdings: Nach der Kündigung des Pachtvertrages zwischen Reitverein und Stadt sei der Schützenverein gegen eine Bebauung gewesen. Der Reitverein aber habe keine Einwände gehabt, „was aufgrund der freundschaftlichen Beziehungen zum neuen Grundstücksbesitzer/Bauherrn nicht verwundert. Einwohner, die nicht in diesen Vereinen engagiert sind, wurden nicht befragt. Es gab keine öffentliche Information, Diskussion oder Ausschreibung“, heißt es weiter. Abschließend verweisen die Unterzeichner auf den Salzwedeler Rathausturm-platz. Obwohl dieser nachweislich eine Baulücke sei, sei dort über die Bebauung jahrelang diskutiert und diese letztlich abgelehnt worden.

Die Volksstimme ging den Informationen und Vorwürfen der Autoren nach. Stadtsprecher Andreas Köhler teilte auf Anfrage mit: Im Stadtentwicklungskonzept werde auf den Seiten 78 und 80 zwar über die Ortsteile Ziethnitz und Kemnitz gesprochen, ein Dorfplatz sei aber nicht erwähnt, „auch wenn das anonyme Schreiben anderes suggeriert. Das Grundstück befindet sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans“, so Köhler.

Beim Verkauf des Platzes seien zudem Vorbehalte des Schützenvereins gegen eine Bebauung berücksichtigt worden. Es sei deshalb nur die Teilfläche des Reitvereins verkauft worden. Auch gegen den Vorwurf fehlender Information wendet sich die Stadt: Der Hauptausschuss habe dem Verkauf am 8. Juni zugestimmt, sagte Köhler. Dies sei in der folgenden Sitzung am 10. August bekannt gegeben worden. Die Pause zwischen beiden Sitzungen sei der Sommerpause geschuldet.

Schließlich: Wenn ein Käufer sich an die Stadt wendet, weil er Flächen erwerben möchte, müsse dies nicht ausgeschrieben werden, so Köhler.

Der Stendaler Staatsanwaltschafts-Sprecher Thomas Kramer teilte mit: Bei der Behörde sei bislang kein Schreiben aus Kemnitz und damit auch keine Anzeigen eingegangen. Kreissprecherin Birgit Eurich bestätigte den Eingang des Schreibens. Eine Prüfung durch die Kommunalaufsicht habe aber keinerlei Rechtsverstöße durch die Stadt ergeben, sagte Eurich. Deshalb könne der Kreis nicht im Sinne der besorgten Bürger tätig werden.