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Ausbildung Düstere Zukunft für Gastro-Nachwuchs

Drei von 14 Auszubildenden an der Berufsschule in Salzwedel hatten die Zusage für einen Arbeitsplatz. Das war vor Corona.

Von Cornelius Bischoff 13.05.2020, 10:00

Salzwedel l Zehn Klassen bereiten sich in diesen Tagen an der BBS auf den Schulabschluss, beziehungsweise das Ende ihrer Lehrzeit vor: Neben einem Berufsvorbereitungsjahr, in dem junge Menschen die Gelegenheit haben, einen Hauptschulabschluss zu erwerben, neigt sich auch die zweijährige Vollzeitausbildung zum Kinderpfleger beziehungsweise zur Kosmetikerin ihrem Ende entgegen.

In Teilzeit, an zwei Tagen je Woche oder in 14-tägigem Block-Unterricht, besuchen angehende Landwirte, Tischler, Kraftfahrzeug-Mechatroniker, Köche, Restaurant- und Hotelfachleute die BBS. Sie alle hatte die Schule während der Corona-Zwangspause mit berufsgebundenem Lehrmaterial und Aufgaben aus den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik versorgt.

Per Videokonferenz hatten die angehenden Anlagenmechaniker für Sanitär und Heizungstechnik Kontakt mit ihren Lehrern gehalten. „Wenn wir sie auf elektronischem Wege nicht erreichen konnten, haben sie ihre Aufgaben mit der Post bekommen“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Annerose Rhode.

Dass den angehenden Gastronomie-Fachleuten die Zeit während der Corona-Zwangspause ihrer Betriebe nicht lang geworden ist, bestätigt Lisa Tannenläufer. Ihr Lehrbetrieb im niedersächsischen Danndorf beherbergt einige Hotelgäste. Und so galt es für die junge Frau, beim Kartoffelschälen in der Küche zu helfen, zu putzen und Gästezimmer in Ordnung zu halten.

Philip Trömel und Julian Bartels sind angehende Köche. Ihr Lehrbetrieb ist das Hotel Union in Salzwedel. Neben den Schularbeiten aus der BBS hatten die Ausbilder den jungen Männer Aufgaben aus ihrem Fachbereich aufgetragen. Man habe die Zeit genutzt, um die angehenden Gesellen individuell auf die Prüfung vorzubereiten, war von der Geschäftsleitung zu erfahren. Nebenbei hieß es für die jungen Männer, das Personal bei Pflege- und Reinigungsarbeiten zu unterstützen.

„Putzen, malern, fegen, lernen“, lautet – grob zusammengefasst – die Kurzform der Erfahrungen aller Befragten, während die Lehrbetriebe der jungen Leute weiter versuchen, die anhaltende Corona-Zwangspause für das Hotel- und Gaststättengewerbe zu überstehen. Zwar schauen alle Auszubildenden einer ungewissen Zukunft entgegen, wenigstens aber sei von einem vorzeitigen Abbruch der Lehre in keinem Fall die Rede gewesen.

„Wir hoffen, dass es zu keinen nachgelagerten Vertragslösungen wegen der Corona-Krise kommen wird“, sagt Burghard Grupe. Nach Auskunft ihres Hauptgeschäftsführers gebe es im Zuständigkeitsbereich der Handwerksammer Magdeburg in der Nordhälfte von Sachsen-Anhalt derzeit rund 3700 Auszubildende. Bislang sei es geplant, alle anstehenden Prüfungen im Mai und Juni, also vor dem Auslauf der Ausbildungsverträge, abzunehmen „und so den Abschluss der Lehre für alle Auszubildenden im Handwerk zu gewährleisten.

„Das wird in jedem Fall keine Prüfung wie in anderen Jahren“, sagt Annerose Rhode. Die angehenden Kosmetikerinnen an der BBS hatten ihre Fertigkeiten bislang abschließend an lebenden Menschen unter Beweis stellen müssen.

Nach den geltenden Hygiene- und Eindämmungsrichtlinien werden die Puppen der Pflegeklasse herhalten müssen, wenn es gilt, ungeliebte Gesichtshaare zu entfernen, Wimpern- und Augenbrauen zu färben oder eine typgerechte Beratung zu Pflegeprodukten zu erhalten. Es sei, sagt Annerose Rohde, schön zu sehen, dass sich die meisten Auszubildenden nach wie vor motiviert und mit Spannung auf die anstehenden Prüfungen vorbereiten.

„Es wird schon weiter gehen“, bestätigt Wesam Ajini, der nach Abschluss seiner Lehre plant, in Hannover das deutsche Sprachdiplom der Stufe C2 zu erwerben. Letzteres wird ihm künftig erlauben, etwa das Studium an einer deutschen Universität aufzunehmen.

Benjamin Schulz sieht seine Zukunft bei der Bundeswehr. Mit dem Gesellenbrief in der Tasche stehen seine Chancen gut, dort eine Anstellung im Dienstgrad Feldwebel zu finden. „Jetzt geht es erst mal darum, Geld zu verdienen“, gibt der junge Mann zu Protokoll.

„Es sind immer weniger junge Menschen, die ihre Zukunft im Handwerk sehen“, bedauert Annerose Rohde. Noch vor wenigen Jahren hatte die stellvertretende Schulleiterin Mühe, eine ausreichende Zahl von Berufsschulplätzen für junge Frauen zu organisieren, die, alleine aus dem Altmarkkreis Salzwedel, den Beruf der Friseurin ergreifen wollten.

Heute sei es mühsam, auch nur eine Klasse aus hiesigen, und Bewerberinnen aus dem Kreis Stendal auf die Beine zu stellen. Tischler, Maler, Elektriker und Metallbauer seien nahezu aus dem Alltag der Berufsbildenden Schule in Salzwedel verschwunden. Aktuell nachgefragt seien der Beruf des Kinderpflegers und die dreijährige Ausbildung zum Erzieher.

Ein ähnlich düsteres Bild malt Burghard Grupe: „Die bundesweite Tendenz bei den neuen Berufsausbildungsverträgen geht nach unten“, sagt der Hauptgeschäftsführer: „Wir fürchten deshalb, dass auch in unserem Kammergebiet weniger Neuverträge abgeschlossen werden.“