1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. „Achtung, Achtung! Es ist 18 Uhr...“

Baden in Salzwedel „Achtung, Achtung! Es ist 18 Uhr...“

Aus dem Pfefferteich in einen Neubau am Dämmchenweg. Anfang der 1950er Jahre wurde die neue Badeanstalt in Salzwedel errichtet.

02.08.2018, 01:00

Salzwedel l „Achtung, Achtung! Es ist 18 Uhr. Alle Kinder unter 14 Jahren, die nicht in Begleitung eines Erziehungsberechtigten sind, bitte das Wasser verlassen und anziehen. Für Euch ist Feierabend.“ Diese Worte haben Tausende jüngere und ältere Salzwedeler immer wieder in den Sommermonaten gehört. Und wichtig ist auch: Sie haben sich an die klare Anweisung von Gisela Kunze (73) gehalten. Die Schwimmmeisterin war von 1977 bis 2007 in der Salzwedeler Badeanstalt am Dämmchenweg tätig. Für die Volksstimme wiederholte sie die allabendliche Ansage noch einmal am Telefon. Heute lebt sie wieder in ihrer Heimat in Jena und genießt ihren Ruhestand.

Seit Anfang der 1950er Jahre gibt es die Badeanstalt am Dämmchenweg. Zunächst nur den sogenannten Ententeich, auf dem heute die Modellbootfahrer aktiv sind, danach kamen in zwei weiteren Bauabschnitten das Wettkampfbecken und das Sprungbecken hinzu. Am 27. Juli 1952 eröffnete der damalige Bürgermeister Oskar Franke das neue Bad – unter anderem mit einer Ansprache vom Sprungturm. An den Fünfmeterturm erinnern sich viele Salzwedeler noch heute wehmütig. Später kamen Nichtschwimmer- und Planschbecken hinzu.

In den Anfangsjahren kostete der Eintritt für Erwachsene 30 Pfennig, Kinder kamen schon für 10 Pfennig in den Badegenuss. Neben den Becken entstanden die Sanitärbereiche mit den Umkleidekabinen und der bis heute erhalten gebliebenen Kolonnade. Der Schwimmmeisterturm hat schnell einen Spitznamen: Er wird Storchennest genannt.

Bevor die Thüringerin Gisela Kunze das Kommando am Beckenrand übernahm, sorgte Karl Herzog als Schwimmmeister dort für Ordnung. „Bei ihm haben meine Töchter das Schwimmen gelernt. Er war ganz kinderlieb und umgänglich“, erinnert sich Frühschwimmer Günter Ludewigs (93) an den damaligen Chef im Bad. So fand die Schwimmschule im tieferen Sprungbecken statt. Wer nach Meinung des Schwimmmeisters schon etwas sicherer im Wasser unterwegs war, durfte „Eckenschwimmen“. Also übers Eck bis zur Leiter.

Günter Ludewigs führt ein eigenes Archiv, in dem Hunderte weitere Eindrücke aus der alten Badeanstalt am Dämmchenweg – von 1953 bis 1996 – vermerkt sind. So kann sich der Senior auch noch gut an seine ersten Schwimmeinlagen in der gerade eröffneten Badeanstalt erinnern. „Wir hatten immer eine Familienkarte“, erzählt Ludewigs und berichtet, dass der Teich am Dämmchenweg zunächst an einer Seite nur mit einer Bretterwand befestigt war.

Der begeisterte Schwimmer steht heute noch via E-Mail in Kontakt mit Gisela Kunze. Die ehemalige Schwimmmeisterin hält auch zu weiteren ehemaligen Badangestellten noch die Verbindung und besucht regelmäßig die Hansestadt. „Wir waren ein eingeschworenes Team unter den Rettungsschwimmern“, berichtet die 73-Jährige.

Nach Jahrzehnten mit Wettkämpfen oder lauen Sonnenstunden kam Anfang der 1990er Jahre das Ende für das alte Bad. Die Becken waren im wahrsten Sinne des Wortes in die Jahre gekommen. Bereits für 1995 war die letzte Saison angekündigt worden. Endgültig Schluss war im Herbst 1996. Wenige Monate später wurde die neue Badewelt eröffnet.