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Baumschwund Schleichender Tod eines Kulturgutes

Es gibt immer weniger Alleen in Sachsen-Anhalt. Auch im Altmarkkreis, wie in Salzwedel, verschwinden immer mehr Bäume.

Von Antje Mewes 10.02.2018, 02:00

Salzwedel l Vor allem im Winter kommen die Kettensägen an den Straßen zum Einsatz. Dabei erhalten die Bäume nicht nur einen Pflege- oder Lichtschnitt für die Verkehrssicherheit, viele werden auch gefällt. Aus Sicht von Ulrich Klaus, Alleenexperte des BUND in Sachsen-Anhalt, erfolgen Nachpflanzungen „selten oder gar nicht.“ Schuld daran sei eine Auslegung rechtlicher Bestimmungen, die den Alleen-Paragraphen des Naturschutzgesetzes weitgehend aushebelt.

Im Altmarkkreis ist der Alleen- und Baumreihenschutz ein Thema, für das die untere Naturschutzbehörde im Umweltamt stets sensibilisiert, erklärt Kreissprecherin Amanda Hasenfusz auf Anfrage der Volksstimme. Trotzdem werden auch in der Westaltmark in jedem Winter Bäume an Straßen gefällt und Alleen beeinträchtigt. Dabei gehe es um die „Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht“, sagt Hasenfusz. Bevor die Säge angesetzt werden darf, müssen die Fachleute der Naturschutzbehörde ihr Okay geben. Ist das Fällen unumgänglich, ist für Ersatz zu sorgen. In den vergangenen Jahren seien mit gezielten Ersatzpflanzungen lückenhafte Alleen wieder ergänzt oder vervollständigt worden.

Aktuell erfolge dies im Bereich Altmersleben und Kahrstedt. Beim Radwegebau werde im Sinne des Alleenschutzes vom Altmarkkreis regelmäßig darauf hingewirkt, ausreichend Flächen zu erwerben, um Baumreihen oder Alleen wieder herstellen zu können oder neu zu etablieren. Aktuelle Beispiele sind der Radweg an der B 71 Kakerbeck – Abfahrt Wernstedt, an der B 248 im Bereich Tangeln oder kurz vor der Umsetzung ist der Bereich L 21 Kalbe – Wernstedt.

Als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Bauvorhaben mit Flächenversiegelung werden Ostbaumalleen entlang von ländlichen Wegen gepflanzt. Das gelte insbesondere beim Errichten von Windkraft- und Biogasanlagen sowie beim Ausbau von Feldwegen mit Betonspurbahnen oder Asphalt. Um die Vitalität der Obstbaumalleen zu erhalten, übernehme der Kreis über seine AB-Gesellschaft Pflegarbeiten an den ländlichen Wegen.

Insgesamt bleiben die Alleen jedoch ein stark beeinträchtigtes Schutzgut in der Landschaft, betont Hasenfusz. Oftmals zwischen Straßen und intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen gelegen, kommt es zu zahlreichen Konflikten zwischen ihrer Schutzwürdigkeit, der Verkehrssicherheit an Straßen und der angrenzenden Flächennutzung.

Insbesondere die altmarktypischen Obstbaumalleen drohen gänzlich aus der Landschaft zu verschwinden. Meist erhalten sie einen derart drastischen Rückschnitt, dass sie wie pittoreske Bonsai wirken. Nach Fällungen werden sie durch andere Arten, wie Linde oder Ahorn ersetzt. So soll verhindert werden, dass das heruntergefallene Obst Wildtiere anzieht und zu einer Gefährdung des Straßenerkehrs führt.

Inzwischen haben sich bereits einige private Initiativen, wie in Dahrendorf oder der Naturerbeverein in Vissum dem Pflanzen von alten Obstsorten an Wegen verschrieben, um sie als Bestandteil der Naturlandschaft zu erhalten.