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Berufsschule Die eigenen Leute ausbilden

Schüler und Lehrer bringen zwei neue Bildungsgänge an den Berufsbildenden Schulen Salzwedel (BSS) erfolgreich auf den Weg.

16.01.2019, 16:58

Salzwedel l Die ersten Erfahrungen wurden gemacht, Freundschaften geknüpft und Regeln gesetzt – zwei neue Klassen an den Berufsbildenden Schulen Salzwedel haben das erste Halbjahr geschafft. Mit Beginn des Schuljahres 2018/19 wurden die neuen Bildungsgänge – eine Fachschulklasse Sozialwesen mit der Fachrichtung Sozialpädagogik und eine Klasse in der Berufsfachschule Altenpflege – an der BBS eingerichtet. Mehrere Jahre hatten Schulleitung und Kollegium darauf hingearbeitet.
27 Schüler streben mit der dreijährigen Ausbildung den Erzieherberuf an. 19 Schüler lassen sich ebenfalls in drei Jahren zu Altenpflegern ausbilden. Damit wurde die Obergrenze schnell erreicht. Gemeinsames Ziel von BBS und den beteiligten Praxiseinrichtungen (Kindertagesstätten und Pflegeeinrichtungen) ist es, die Fachkräfte selbst auszubilden und dann im Altmarkkreis zu halten. Zuvor mussten Altenpflegeschüler aus dem Kreis zum Beispiel für die schulische Ausbildung zur Sozialakademie Sangerhausen, eine Einrichtung des Paritätischen, fahren.
„Wir haben im Vorfeld mit den Einrichtungen Kontakt aufgenommen und großen Zuspruch bekommen“, berichtet Nicole Dannies, Koordinatorin des Bildungsbereiches an der BBS. „Wir möchten unsere eigenen Leute ausbilden“, sei eine Hauptaussage, bei Erziehern wie bei Altenpflegern, gewesen, betonte Dannies im Gespräch mit der Volksstimme. „Und jetzt haben wir zwei sehr stabile Klassen“, verweist Dannies auf die Schülerzahlen. Dabei liegt die Altersstruktur zwischen 17 und 41 Jahren. Auch größere Träger sozialer Einrichtungen würden ihre Auszubildenden nun aufgrund der kürzeren Fahrtzeiten an die BBS schicken.
Die breite Altersstruktur erweise sich im Unterricht nicht als hinderlich sondern eher förderlich, berichten Schüler und Lehrer der neuen Klassen. „Manchmal benehmen sich auch die ‚Alten‘ wie die Kinder“, sagt Ina Preuß, Leiterin der Altenpflegeklasse mit einem Lächeln. Sie sieht aber den größeren Ehrgeiz meist bei den älteren Schülern, was allerdings auch die Jüngeren ansporne. „Man wird offener, zum Beispiel wenn man Probleme ansprechen will“, sagt Altenpflegeschülerin Annika Lüdke (24). Nicole Dannies betont, dass die jungen Schüler schneller reifer werden. „Sie müssen ja auch in den Einrichtungen viel mitarbeiten“, betont Lehrerin Ina Preuß den hohen Praxisanteil in den Pflegeeinrichtungen.
„Die Praktikumsbetriebe haben uns mit Unterrichtsmaterialien unterstützt“, ist . So gibt es ein Pflegebett, einen Nachtschrank, Blutdruckmessgeräte und sogar eine Puppe, genannt Frau Lehmann, sodass die Praxis auch im Unterricht gelehrt werden kann. Jeweils drei bis fünf Wochen Blockunterricht wechseln sich mit der Praxis in den Altenpflegeeinrichtungen ab.
Patrick Möhring (19) hat sich nach der zweijährigen Berufsfachschule Sozialassistenz ganz bewusst für die Ausbildung zum Altenpfleger entschieden. „Die Sozialassistenz bietet ein breites Spektrum. Die Schüler können sich an verschiedenen Einrichtungen ausprobieren“, erklärt dazu Nicole Dannies.
Der 19-Jährige konnte in einem Praktikum den Beruf des Erziehers kennenlernen. „Doch das war nichts für mich“, stellte Patrick Möhring fest. So lenkte er sein Interesse auf die Altenpflege. „Dort begleitet man die älteren Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt. Man erfährt viel über ihr Leben“, beschreibt Möhring einen Teil der beruflichen Praxis.
Auf einen hohen Anteil an praktischer Arbeit legen auch die Schüler der Fachschulklasse Sozialpädagogik großen Wert. „Wir haben uns direkt mehr Praxis gewünscht“, berichtet Nicole Trittel (36). Ihre Mitschülerin Lena Dießl (29) betont, dass es neben dem Lehrplan viel Freiraum gebe, eigene Ideen mit einzubringen. Damit treffen die beiden bei ihrer Lehrerin Jennifer Golais (34) auf offene Ohren. „In dieser Ausbildung gibt es nicht mehr richtig oder falsch. Die Schüler müssen bei Problemen selbst aktiv werden, eine Lösung finden“, erklärt Golais.
„Die Selbstständigkeit wird gefördert. Jeder soll und kann sich mit Problemen auf seine Weise auseinander setzen“, ergänzt Nicole Dannies und fügt an: „Es ist ja auch ein Prototyp, es lernen Schüler und Lehrer.“
Klassenlehrerin Jennifer Golais ist mit dem Start der Fachschule sehr zufrieden. Da zu gibt es auch ein großes Lob von Lena Dießl: „Wir haben mit Frau Golais ein Glückslos gezogen. Sie ist immer da, steht hinter uns und wir können uns auf sie verlassen“, sagt die Schülerin. Dies war für die Klasse zum Start sehr wichtig, „denn das Niveau ist ein ganz anderes als in der Sozialassistenz, das war ein ganz schöner Sprung“, berichtet Dießl weiter. Die Klassenlehrerin gibt das Lob umgehend zurück.
Der gute Zusammenhalt ist auch ein Ergebnis eines gemeinsamen Seminares zu Beginn des Schuljahres. „Das war eine Herausforderung, aber auch das Beste, was wir erleben konnten“, erzählt die Klassenlehrerin. In einer intensiven Woche habe die Gruppe „miteinander gelacht, aber auch geweint“, berichtet Golais.
Koordinatorin Nicole Dannies sieht in alldem die Bestätigung, dass die beiden Bildungsgänge eine große Bereicherung für das Angebot der BBS sind – auch aus Sicht der Schüler und der Praxiseinrichtungen. „Wir brauchen ganz dringend Erzieher“, berichtet Dannies von den Aussagen diverser Träger. Auf der anderen Seite habe die Schule weit mehr Bewerber für das neue Ausbildungsangebot gehabt, als sie aufnehmen konnte.
Während eines Tages der offenen Tür an den Berufsbildenden Schulen Salzwedel, am 23. Februar von 9 bis 13 Uhr, können sich Schüler und Eltern bei anwesenden Pflegeeinrichtungen in der Turnhalle und den Lehrern im Gebäude der BBS über die beiden Bildungsgänge weiter informieren.