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Bilanz Verlustreiches Storchenjahr

Dauerregen machte den Störchen in der Region Salzwedel 2017 zu schaffen. Zahlreiche Jungstörche überlebten nicht.

Von Uta Elste 07.12.2017, 02:00

Salzwedel l Verlust - das Wort taucht in diesem Jahr in der Statistik von Storchenbetreuer Thomas Koberstein sehr oft auf. Durch die schlechte Witterung und vor allem den lang anhaltenden Regen gingen zahlreiche Jungstörche in den Horsten zugrunde.

„Die Störche in unserer Region haben eine niedrige Reproduktionsrate“, so sein Fazit. Diese würde für die Sicherung des Bestandes in der nordwestlichen Altmark nicht ausreichen. „Wir sind praktische auf Störche von außen angewiesen.“Thomas Koberstein kümmert sich um die Horste im Gebiet zwischen Hohenböddenstedt und Höwisch, Hoyersburg und Saalfeld. Von insgesamt 21 Paaren, die einen Horst besetzt haben, begannen 16 erfolgreich mit dem Brutgeschäft - bis das Wetter sich verschlechterte. „Für die Jungstörche wird es vor allem dann gefährlich, wenn die Altvögel sie nicht mehr komplett abdecken und so vor dem Regen schützen können“, erläutert Thomas Koberstein.

Wer zuerst kommt, besetzt nicht nur als Erster die besten oder angestammten Horste, sondern kann auch früher mit dem Brutgeschäft beginnen. Daher hatten Jungstörche, die früh schlüpften, gute Überlebenschancen. So gelang es beispielsweise dem Paar in Vissum, alle drei Jungen groß zu ziehen.

Störche, die die Westroute über die Iberische Halbinsel für den Rückflug aus ihrem Winterquartier nutzen, treffen früher in der Altmark ein als ihre Artgenossen, die via Naher Osten und den Balkan reisen. „Westzieher haben einen kürzeren Weg und verfügen demzufolge über mehr Energie. Das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber den Ostziehern, die dann hier viel gestresster und geschwächter ankommen“, vergleicht der Storchenberater.

Problematisch für den Strochenbestand ist auch die veränderte Landschaftsstruktur. „Ein Brutpaar benötigt etwa 200 Hektar Feuchtwiesen.“ Doch die Vielfalt kleiner Flächen sei nicht mehr gegeben. „Die Storch ist ein Indikator, wie gut es einem Naturraum geht“, gibt Thomas Koberstein zu bedenken.

Doch der Storch ist auch ein Sympathieträger, der Menschen zusammenbringt, beispielsweise Einwohner von Kricheldorf, die großen Anteil am Schicksal des überlebenden Jungstorches nahmen.

„Am 2. Juli haben wir das Nest kontrolliert. Der eine Jungstorch war da bereits tot, der andere befand sich in lebensbedrohlichem Zustand“, erinnert sich Koberstein. Kurz entschlossen startete er nach Rücksprache mit dem Storchenhof in Loburg eine Rettungsaktion vor Ort. „Denn der Vogel war nicht transportfähig.“ Wärme und vitaminreiche Rinderleber sorgten dafür, dass sich sein Zustand zusehends verbesserte.

Zwei Tage später wurde der Storch wieder in den heimatlichen Horst nach Kricheldorf gebracht. Würden ihn seine Eltern wieder annehmen, fragten sich die Kricheldorfer. Doch da drohte neue Gefahr in Gestalt eines am Himmel kreisenden Rotmilans auf der Suche nach einer Mahlzeit. „Um den Milan abzulenken, haben die Kricheldorfer Kinder am Nest Fußball gespielt“, erzählt Koberstein. Für den Jungstorch gab es ein Happy End: Eine Stunde nach seiner Rückkehr ins Nest nahmen ihn seine Eltern wieder an und begannen umgehend damit, das Nest jungstorchgerecht auszupolstern

Dagegen brachte ein „alter Bekannter“, ein Storch mit der Ringnummer DEW9X024, Koberstein zum Nachdenken. Das 2011 in Lübbow geborene Tier war bislang als Single durchs Leben geflogen. In diesem Jahr besetzte er jedoch zusammen mit einem Artgenossen (Ringnummer 1T585) den Horst in Cheine. „Da saßen die beiden, Kopf an Kopf, verhielten sich sehr harmonisch, aber sie zeigten kein Brutverhalten. DEW muss wohl eine gleichgeschlechtliche Beziehung gehabt haben.“