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Blumenstrauß Zwei Leben für ein Dorf

Johanna und Wilfried Müller leben zusammen in Kassuhn. Für ihren Einsatz erhalten sie den Volksstimme-Blumenstrauß.

Von Helga Räßler 10.09.2016, 01:01

Kassuhn l Vor Fototerminen drücken sich beide gern: Nur sehr ungern lassen sich Johanna und Wilfried Müller in den Mittelpunkt und schon gar nicht in die breite Öffentlichkeit stellen. Aber das gelingt ihnen nicht immer. Das Ehepaar wirkt lieber im Hintergrund.

Der 76-Jährige, in Kassuhn auf dem Hof seiner Eltern geboren, war Diplomlandwirt von Beruf, seine drei Jahre jüngere Frau kam mit dem Flüchtlingstreck nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus Schlesien in die Altmark. Sie arbeitete 45 Jahre lang als Grundschullehrerin in Fleetmark.

Johanna und Wilfried Müller feierten 2015 goldene Hochzeit, leben mit den erwachsenen Söhnen und Familie auf dem Hof. Und sind ein eingespieltes Team, auch im ehrenamtlichen Engagement.

Zum Beispiel für die Kirche, die vor allem Johanna Müller für Gottesdienste schmückt. Und Wilfried Müller engagiert sich für den Erhalt der Kirche, deren Turm schon einmal fast einstürzte. Für 55 000 Euro musste der 2014 instand gesetzt werden.

„Es gab Auflagen des Denkmalschutzes zu erfüllen, aber dank Spenden konnten wir uns ein paar Extras leisten - dank vieler Spenden“, erinnert sich der Kassuhner. Müllers selbst haben einen schweren Eichenbalken gestiftet, der nun im Kircheninneren liegt.

Auch die Elektrifizierung der Kirchenglocken ein paar Jahre zuvor konnte dank Müllers Wirken und Bemühen um Mitspender erfolgreich realisiert werden. Ebenso lief das bei der Sanierung der Friedhofsmauer.

Ein weiteres Betätigungsfeld beider ist ihre Heimatstube, die den Weg vom Flachs zum Leinen anschaulich darstellt. „Meine Mutter Emma Müller hatte in den 1960er Jahren begonnen, die Heimatstube aufzubauen“, erzählt Müller. Sie habe Jahrzehnte lang Geräte und Gegenstände gesammelt, sie gepflegt und beschriftet mit Angaben zur Herkunft, zur Verwendung und zur Zeit, aus der die jeweiligen Stücke stammten. „Seit ihrem Tod haben wir 1998 die Obhut übernommen“, so Müller. Durch die vier Räume, angefüllt mit einzigartigen Zeitzeugen des landwirtschaftlichen Lebens, des Leinenmachens in immerhin 72 Arbeitsschritten führt Johanna Müller interessierte Besucher. Schulklassen, Reisegesellschaften, Kindergärten und Landfrauen waren hier schon zu Gast.

Denen erzählt sie dann von der 1060 Jahre alten Dorfgeschichte, die der Familie und auch gern gehörte Begebenheiten.

„Jetzt hatten wir besonders viel zu tun in Vorbereitung unserer 1060-Jahrfeier.“ - Johanna Müller

Und wenn sie darüber hinaus nicht gerade im Garten erntet, Spargel für die ganze Familie und deren Gäste schält, Kuchen bäckt oder anderswo hilft, ist sie für den Naturerbeverein Vissum aktiv. Bei den Aktionstagen macht sie die Versorgung klar und unterstützt die Vereinsarbeit.

Ihr Mann ebenfalls: Er mäht mit seinem Trecker die Grünstreifen und Weiden entlang des Naturlehrpfades und hält auch das Grün an den langen Obstbaumalleen kurz.

„Aber jetzt hatten wir besonders viel zu tun in Vorbereitung der 1060-Jahrfeier“, betont sie. „Wir haben alles noch einmal abgestaubt, die Räume renoviert, die Fensterrrahmen gestrichen und Flure gemalert“, zählt sie auf. „Auch in der Kirche habe ich sauber gemacht und alles hergerichtet für unseren großen Tag.“

Den feiern sie mit allen Dorfbewohnern und Gästen heute ab 14 Uhr.