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Börse Das Ausbildungs-Paradoxon

Gut 300 Jugendliche haben in der Altmark noch keinen Ausbildungsplatz. Auf eine Börse in Salzwedel gab es nur wenig Resonanz.

Von Isabel Lorenz 11.08.2017, 01:00

Salzwedel l Knapp 360 Lehrstellen sind in der Altmark noch unbesetzt, und das obwohl es bis zum Beginn des Ausbildungsjahres nur noch wenige Wochen sind. Die Agentur für Arbeit und die Industrie- und Handelskammer haben deshalb eine Ausbildungsplatzbörse organisiert. Das Interesse bei Jugendlichen hielt sich in Grenzen. Mousa Suleiman (21) nahm das Angebot allerdings gerne an.

„Ich suche einen Ausbildungsplatz“, sagt er, als er in die Räume der Arbeitsagentur kommt. Neben ihm ist noch ein zweiter Jugendlicher, Basel Ahmed (21), anwesend. Im Raum stehen zwei große Kork-Pinnwände, voll mit freien Ausbildungsstellen, plus mehrere Tische, auf denen weitere Zettel ausgelegt sind.

Zur Beratung sind Enrico Pieper, Ausbildungsvermittler der Agentur für Arbeit, und Sylvia Radtke, Ausbildungsberaterin der Industrie- und Handelskammer, vor Ort. Sie gehen auf die Jugendlichen zu, und fragen, wo ihre Interessen liegen, welchen Schulabschluss sie haben und in welchen Bereichen sie schon gearbeitet oder Praktika absolviert haben.

Bei Mousa Suleiman, der vor zwei Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, haben die zwei Berater Zweifel, ob seine Sprachkenntnisse für die Berufsschule ausreichen – und das obwohl Mousa Suleiman jeden Tag vier Stunden Deutsch lernt. Der Ausbildungsvermittler empfiehlt ihm eine Einstiegsqualifizierung (EQ), die ähnlich wie ein Praktikum funktioniert und zwischen sechs und zwölf Monaten dauert. So hat Mousa Suleiman die Chance, seinen Beruf besser kennenzulernen.

Für Basel Ahmed stehen die Chancen bereits sehr gut. Er hat seinen Wunsch-Ausbildungsplatz schon gefunden: Er möchte Verkäufer bei „Aldi“ werden. Dort jobbt er auch schon seit neun Monaten als Aushilfe. Seine Kollegen haben ihm vorgeschlagen, dass er doch eine Ausbildung bei ihnen machen könnte. Auch er wohnt erst seit knapp zwei Jahren in Deutschland, spricht aber schon fast fließend Deutsch.

Sylvia Radtke empfiehlt ihren Stellen-Suchenden immer Eines: Einfach ins Unternehmen zu gehen und persönlich nachzufragen – auch wenn nichts ausgeschrieben ist. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass es sich immer lohnt“, meint sie.

Für Enrico Pieper sind Praktika enorm wichtig. „Schüler nutzen diese Chance oft viel zu wenig. Um sich einen ersten Einblick zu verschaffen – egal ob der dann positiv oder negativ ausfällt – ist ein Praktikum goldwert“, erläutert er. Pieper ist der Meinung, dass zwei Schüler-Praktika nicht ausreichend sind.

Auch sollten Jugendliche darüber nachdenken, sich im handwerklichen Bereich, in der Gastronomie und in der Landwirtschaft umzuschauen. „In diesem Bereich haben wir jede Menge Unternehmen, die dringend Auszubildende suchen. Die Nachfrage ist aber leider sehr gering“, erklärt Enrico Pieper. Und das spiegelt sich auch an den Kork-Pinnwänden wieder: Daran hängen viele Zettel von Unternehmen, die Auszubildende für ihren Bäckereibetrieb, ihre Fleischerei oder ihre Küche suchen. Enrico Pieper erzählt auch, dass solche Stellen oft recht schnell und spontan besetzt werden, falls es einen Bewerber gibt. So könnten sich Interessenten auch jetzt noch melden.

Der Mangel an Auszubildenden im handwerklichen Bereich könnte erklären, warum noch knapp 317 Jugendliche in der Altmark ohne Ausbildungsplätze sind, obwohl es so viele unbesetzte Lehrstellen gibt. Das Ergebnis der Börse: Etwa 15 Jugendliche sind zur Veranstaltung gekommen. Es hätten mehr sein können. Enrico Pieper und Sylvia Radtke freuen sich aber über jeden Platz, den sie vermitteln können.