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Bohrschlamm Verständnis und Ungeduld

Was mit den etwa 350 unsanierte Bohrschlammgruben in der Region geschehen soll, stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung in Wallstawe.

Von Uta Elste 15.11.2018, 10:49

Wallstawe l „Bohrschlammgruben und Schlimmeres - wie damit umgehen?“ hatte die Bürgerinitiative (BI) Saubere Umwelt und Energie Altmark die Einladung nach Wallstawe überschrieben - und mit dieser Frage offensichtlich viele Menschen mobilisiert. Im Saal der Gaststätte Zum alten Fritz reichten die Stühle nicht aus. Einige Besucher mussten während der etwa zweistündigen Veranstaltung stehen.

In der Zeit wurde deutlich, dass die Positionen der BI und der Landesanstalt für Altlastenfreistellung zu den etwa 350 unsanierten Gruben, die es als Erbe der Erdgasförderung in der Region noch gibt, gar nicht so weit auseinander liegen.

Grundsätzlich wurden die Bohrschlammgruben in der Nähe der eigentlichen Bohrung angelegt. Sie dienten als Entsorgungsmöglichkeit für die Spülung, für Schmierstoffe, Öl und Diesel, kurz für alles, was notwendig war, um die Förderung aufrecht zu erhalten. „Mitunter kamen bis zu neun Tonnen davon in eine Grube“, erläuterte Wasserbau-Ingenieur Bernd Ebeling.

Etwa 230 Gruben wurden in den zurückliegenden Jahren bereits saniert. Für die verbleibenden forderte BI-Mitglied Ernst Allhoff, die wichtigsten zuerst zu sanieren, also beispielsweise die in der Nähe von fließenden Gewässern oder von Wohnbebauung.

Sanierung - ja, wenn sie verhältnismäßig ist, machte Klaus Heise, für die altmärkischen Erdgasfelder zuständiger Projektleiter der Landesanstalt für Altlastenfreistellung (LAF), deutlich. Denn für die Entscheidung zur Sanierung sei es schon entscheidend, ob sich die Bohrschlammgrube unter einem Parkplatz, einem potenziellen Kinderspielplatz oder einem Acker befindet.

Zehn Millionen Euro stehen der LAF jährlich für Altlastensanierung zur Verfügung - landesweit. Es sei zwar damit zu rechnen, dass das Budget steigen werde. Doch inzwischen seien die Fahrtkosten zu den Entsorgungsbetrieben mitunter höher als die eigentliche Entsorgung. Auch Bernd Ebeling hatte zuvor darüber berichtet, dass der kontaminierte Aushub mitunter bis Bautzen zu Bodenreinigungsfirmen gebracht werde.

Klaus Heise warb in Wallstawe eindringlich um Verständnis für systematisches Vorgehen, angefangen von historischer Recherche über orientierende Untersuchungen bis hin zur eigentlichen Sanierung. „Wir müssen die Gruben in Gruppen zusammenfassen und auf ihr Gefahrenpotenzial hin bewerten“, so Heise, der bezweifelte, dass es Sinn mache, alle Gruben zu sanieren. Für 2019 sei immerhin geplant, eine Kriterienliste zu erstellen, Feld- und Laborarbeiten auszuschreiben sowie sich mit Behörden und Betroffenen abzustimmen. Der Abschluss sei für 2032 geplant.

Allerdings zeigte sich in der Diskussion, dass nicht alle Zuhörer die Geduld für die Verfahrensweise haben. „Seit 25 Jahren wird diskutiert, warum soll es jetzt weitere Jahre dauern?“, fragte der Apenburger Karl-Heinz Friedrich verärgert. „Es fällt schwer zu glauben, dass Kartografie so schwer sein soll“, meinte BI-Mitglied Christfried Lenz aus Rittleben. Mathias Fangohr, Mitarbeiter der bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Dorothea Frederking, plädierte dafür, alle Informationen ins Internet zu stellen.

Immer wieder wurde in der Diskussion die Problematik von Bohrschlammgruben auf landwirtschaftlichen Flächen angesprochen. Während sich Ernst Allhoff für eine Entschädigung der betroffenen Landwirte aussprach, riet Klaus Heise dazu, die jeweiligen Flächen nicht mehr zu bewirtschaften - ein Vorschlag, der nicht unbedingt auf Begeisterung stieß. Dafür umso mehr die Idee von Ernst Allhoff, ein Netzwerk betroffener Grundeigentümer zu gründen.

Zwischen Vorträgen und Diskussion fiel auch das Stichwort „Silbersee Brüchau“, den die BI im Motto ihrer Einladung mit dem Stichwort „... und Schlimmeres“ gemeint hatte. Christfried Lenz kritisierte die Informationspolitik von Wirtschaftsminister Armin Willingmann. Dieser habe nicht mitgeteilt, dass nur ein Teil des Sonderbetriebsplanes, der die gesetzliche Grundlage für die Beseitigung der Bohrschlammdeponie in Brüchau darstellt, genehmigt worden sei. Zudem bringe eben dieser Sonderbetriebsplan die ursprünglich favorisierte Abdeckung statt der geforderten Auskofferung zur Sprache. Zudem hätten die Landtagsabgeordneten der Region den Plan nicht von der Landesregierung, sondern erst von der BI erhalten.

Die Teilnehmer der Veranstaltung stimmten mehrheitlich für eine Resolution, die eine Sanierung der Bohschlammgruben und eine komplette Beräumung der Bohrschlammgrube Brüchau fordert.