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Brandstiftung Mitarbeiter löste Brand in Recycling-Hof aus

Nach einem Feuer in einem Salzwedeler Betrieb ist ein damaliger Mitarbeiter wegen fahrlässiger Brandstiftung verurteilt worden.

Von Alexander Rekow 30.09.2019, 13:07

Salzwedel l Ziemlich angespannt hörte sich der damalige Mitarbeiter eines Recycling-Hofes, An der Ritzer Brücke, im Salzwedeler Amtsgericht die Anklage der Staatsanwaltschaft an. Die Amtsanwältin warf dem heute 51-Jährigen fahrlässige Brandstiftung vor. Er soll durch das Flexen eines Katalysators den Großbrand am 26. Juli 2017 ausgelöst haben, weil er keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe.

Durch den Funkenflug haben sich nach Ermittlung des Landeskriminlamtes Schmiermittel und Brennstoffe in einer Lagerhalle entzündet. Resultat: Maschinen, Hebebühne und die Hallen standen in Flammen. Nach Einschätzung der Kriminalbeamten gebe es keinen Hinweis auf Vorsatz oder einen technischen Defekt. Trotzdem: Mit einer Elektrosäge wäre das Inferno zu verhindern gewesen.

„Ich kann nur sagen, dass ich so eingearbeitet wurde“, erklärte der Angeklagte den Einsatz der Flex: „Das wurde immer so gemacht.“ Er selbst war zum Zeitpunkt des Brandes ein Jahr dort beschäftigt. Im Nachhinein sei ihm sein Fehler aber bewusst gewesen.

„Wenn ich flexe, fliegen Funken im hohen Bogen“, sagte Richter Klaus Hüttermann: „Was sollen Ihnen die Kollegen noch sagen?“, wollte er wissen. „Sie sind ein erwachsener Mann!“

„Ich habe wie immer einen Kat abgeflext“, schilderte der Angeklagte den Unglückstag. Dann sei er auf die Toilette gegangen.

„Als ich zurück kam, habe ich gesehen, dass es brennt.“ Mit einer Dusche habe er versucht, das Feuer zu bändigen – vergeblich. „Ich dachte mir, wenn ich jetzt nicht raus komme, komme ich nicht mehr raus.“ Mit leichten Verletzungen an Arm und Kopf von tropfendem Plastik habe er sich ins Freie gerettet.

„Der Schaden ist beziffert und reguliert“, erklärte der Schadensregulierer einer Versicherung dem Gericht. Der 44-Jährige kam für seine Aussage aus Bielefeld nach Salzwedel. Er beziffert den Schaden auf 170 000 Euro. 120 000 Euro für Gebäudeschäden, 50 000 für das Inventar. Der Bielefelder hatte für den Angeklagten gute Nachrichten im Gepäck: „Grundsätzlich gibt es Regressforderungen. Doch durch das geringe Einkommen sehen wir davon ab.“ Sonst hätte der heute 51-Jährige 25 Prozent der Schadenssumme zahlen müssen.

Zwei weitere Mitarbeiter des Recycling-Hofes, die als Zeugen geladen waren, kamen gar nicht erst. Sie bekommen nun Post von der Justiz. Darin wird stehen, dass sie 200 Euro Ordnungsgeld zahlen müssen, alternativ drei Tage Haft.

Was dem Richter nicht einleuchten wollte, war, dass der Angeklagte im Vorjahr ein Angebot der Staatsanwaltschaft nicht annahm. Denn mit einer Zahlung von 300 Euro an das Tierheim wäre das Verfahren eingestellt worden, und er hätte sich diese Verhandlung ersparen können. „Wir haben nichts erhalten“, polterte seine Frau in den Zuschauerreihen. Als Richter Hüttermann den Brief der Staatsanwaltschaft verlas, wurde auch ihr bewusst, welche Chance sich ihrem Gatten geboten hatte. „Diese goldene Brücke haben Sie nicht genommen. Wie dumm muss man sein? Entschuldigung“, raunte der Richter.

Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft war nach der Verhandlung – auch und gerade wegen des Teilgeständnisses des Angeklagten – die fahrlässige Brandstiftung belegt. „Das war mit der Flex nicht zulässig“, sagte sie. Der 51-Jährige habe seine Sorgfaltspflicht verletzt. „Die Folgen sind verheerend.“ Die Amtsanwältin plädierte auf eine Geldstrafe von 4050 Euro und hob nochmals den Verzicht auf Regress der Versicherung hervor: „Das ist ein Fünfer im Lotto für Sie.“

Richter Klaus Hüttermann folgte dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft: „Das kann ich nur unterschreiben.“ „Ihre Fahrlässigkeit war eine von vielen in der Firma, es hätte auch ein anderer sein können“, so der Richter. Dennoch: Für das Nicht-Benutzen der Flex hätte der Angeklagte nach Einschätzung von Hüttermann keine extra Einweisung benötigt. „Man sieht doch, wie die Funken fliegen.“ Offen blieb, ob auch der Chef des Recycling-Hofes noch mit Post von der Staatsanwaltschaft rechnen muss. Wie im Gericht zu erfahren war, soll er nämlich seinen Mitarbeitern gesagt haben, dass bloß niemand erwähnen solle, dass in der Firma geflext wurde.