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Corona-Krise Kleingärtnern weckt Lebensgeister

Das Bewirtschaften einer Parzelle im Kleingartenverein Flögsand Chüttlitz ist während der Corona-Krise eine willkommene Abwechslung.

Von Anke Pelczarski 31.03.2020, 04:00

Chüttlitz l Blaue Traubenhyazinthen wachsen am Wegesrand. Sie sorgen ebenso wie die gelbe Forsythie für Farbtupfer. Ab und zu ist schon das erste zarte Grün zu entdecken. Die Sonne lacht an diesem Sonnabend, die Vögel zwitschern. Der Parkplatz ist gut gefüllt.

„Ich bin richtig froh, dass ich den Kleingarten habe, besonders in der jetzigen Zeit“, sagt Carola Sperling. Da komme man raus aus den vier Wänden, sei an der frischen Luft und könne etwas vorbereiten für die neue Saison. Jetzt müsse der Heckenschnitt noch beseitigt werden. „Das Osterfeuer bei uns im Verein ist ja abgesagt wegen der Corona-Pandemie. Aber es gibt zum Glück auch andere Möglichkeiten“, fügt die Salzwedelerin, die derzeit im Homeoffice arbeitet, hinzu. Die Kleingärtnerin – seit zehn Jahren bewirtschaftet sie ihre Parzelle im „Flögsand“ – ist froh, dass die Annahmestelle in Cheine noch geöffnet ist.

Sie hat sich an diesem Tag vorgenommen, noch einen kleinen Bereich umzugraben. Die Sonne wärmt. „Es gibt wahnsinnig viel Unterstützung, wenn ich mal Hilfe brauche. Ich fühle mich hier im Kleingartenverein gut aufgehoben“, erzählt Carola Sperling, die auf genügend Abstand zum Gegenüber achtet. Ein wichtiger Grundsatz in dieser nicht so einfachen Zeit. Insgeheim wünscht sie sich ein möglichst baldiges Ende der Einschränkungen. „Man braucht sich. Manches ist besser klärbar, wenn man sich gegenübersteht“, fügt sie hinzu.

Einige Parzellen weiter fegt Jonny Blaesing die Reste seines kleinen Gartenfeuers zusammen. Der Baumschnitt vergeht nicht auf dem eigenen Kompost, sagt er. Seit etwa 15 Jahren gärtnert er mit seiner Frau Gabi auf dieser Scholle, mit der sie „fürs Aktivsein im Alter vorsorgen“ wollen. „Ich bin Berufskraftfahrer. Das ist für mich ein guter Ausgleich“, erzählt er. Nicht nur in der jetzigen Zeit sei der Garten eine Oase, in der die Eheleute Entspannung finden würden. „Wir zupfen Unkraut, bereiten die Beete vor“, beschreibt Jonny Blaesing die aktuellen Arbeiten. Und auch das Füße-Hochnehmen müsse ab und zu sein.

„Ich bin sehr froh, dass ich den Garten habe. Wir kommen raus, können ein bisschen was in Familie tun“, schildert Renate Weikert. Mit dem Umgraben hätten sie schon angefangen. „Wichtig ist es natürlich, Abstand zu halten“, fügt sie hinzu. Dann bemerkt sie Burkhardt Rechel auf dem Weg zu seiner Parzelle. „Hast du für mich ein Glas? Ich habe nichts mehr“, sagt sie zum Imker, der mit seinen Bienen für die Bestäubung der Blüten im „Flögsand“ sorgt. Dieser ist sich nicht sicher, will aber nachsehen. Später schaut er kurz vorbei und bringt das gesunde Naturprodukt mit.

Uwe Röhken hat die Leiter am Sauerkirsch-Baum aufgestellt. Einige Äste will er noch entnehmen. Erst seit Juni des Vorjahres bewirtschaftet er den Kleingarten. „Uns ist es wichtig, hierher kommen zu können und was zu tun. Besonders in der momentanen Zeit ist das ein guter Anlaufpunkt“, erzählt er. Ein wenig kenne er sich noch von Zuhause mit den Arbeiten aus. „Wenn es schwieriger wird, hole ich mir gern einen Tipp von Alteingesessenen. Davon gibt es hier ja zum Glück noch einige“, sagt Uwe Röhken.

Einer davon ist Stefan Düster, der seit 1977, als die Gartensparte entstanden ist, hier wirtschaftet. Die Laube habe er selbst gebaut, berichtet er stolz. „Ich bin allein. Das Wetter ist so schön. Da möchte ich nicht zu Hause bleiben“, berichtet er, warum er gern im „Flögsand“ ist. Momentan beseitigt der Senior Unkraut, auch um die Erdbeeren herum. Er weiß schon ganz genau, was er auf jeden Fall noch anbauen möchte: Kartoffeln und Tomaten.

Fröhliches Kinderlachen ist ebenfalls zu hören. Dafür sorgen unter anderem Lucas (4) und Jeremy (3). Die beiden Jungs von Kathrin und Jens Kreutzmann fühlen sich sichtlich wohl beim Toben im Sonnenschein. Kind Nummer drei wird in wenigen Wochen das Licht der Welt erblicken.

Der Papa hat einen Weg gepflastert, der zur Laube führt. „Wir haben den Garten erst seit drei Monaten“, erzählt Jens Kreutzmann. Darüber sei er sehr froh. Die Familie lebt in einer Neubauwohnung. „Jetzt, wo die Kinder zwangsweise zu Hause sind, ist das für uns ein guter Anlaufpunkt. Hier können sich die Jungs bewegen“, fügt seine Frau hinzu.

Erdbeeren, Bohnen, Erbsen und Tomaten sollen in ihrem Garten wachsen, wissen die Eltern schon genau. Früchte, die die Familie mag. „Wir wollen aber auch ein bisschen Platz zum Spielen haben. Damit die Kinder ausgelassen toben können“, fügt Jens Kreutzmann hinzu. Mittlerweile hat sich Lucas eine Hacke geschnappt und wühlt in der Erde. „Bitte nicht, da ist schon etwas drin“, ruft der Papa. Die Kinder würden noch nicht alles verstehen, fügt er hinzu. Dann geht es weiter mit einigen Arbeiten an diesem warmen Tag.

Auch in anderen Parzellen sind die „Laubenpieper“ emsig dabei, schon einiges für die neue Saison vorzubereiten. An anderen Kleingartenvereinen sind die Parkplätze ebenfalls gut gefüllt. Die Mitglieder sind froh, dass trotz aller Einschränkungen durch die Corona-Pandemie noch gärtnerische Tätigkeiten erlaubt sind. So haben sie ein Ziel und können sich betätigen. Sonst würde ihnen die Decke auf den Kopf fallen, sind sie sich einig.