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Diebstahl Auf Raubzug durch die Geschäfte

52 Anzeigen in einem Jahr sammelte eine Frau in Salzwedel. Deshalb landete sie vor dem Kadi.

Von Antonius Wollmann 29.06.2018, 12:10

Salzwedel l In welchem Geschäft oder in welcher Tankstelle die junge Frau in Salzwedel im vergangen Jahr auch auftauchte, immer wieder spielte sich das gleiche Schauspiel ab: Die 36-Jährige dachte gar nicht daran, die Zigaretten oder Schokoriegel zu bezahlen, die sie in ihre Taschen stopfte. Die Rechnungen in zwei Restaurants zu begleichen, kam ihr ebenfalls nicht in den Sinn. Zu ihrem Diebesgut zählten außerdem Kampffische und ein Zwerghamster. So sammelte sie insgesamt 52 Anzeigen.

Davon sollten neun Vergehen am Donnerstag vor dem Amtsgericht Salzwedel verhandelt werden. Weil in diesem Jahr jedoch eine weitere Anzeige hinzugekommen ist – angeblich hat die Salzwedelerin 450 Euro in einem Geschäft mitgehen lassen – sah Richter Klaus Hüttermann davon ab. Zunächst soll zum zweiten Mal die Schuldfähigkeit der Frau von einem Gutachter geprüft werden. Bislang gilt sie als schuldfähig. Anschließend wird ein neuer Verhandlungstermin angesetzt.

Obwohl kein Urteil gefällt wurde, äußerte sich die Angeklagte zu ihren Taten. Dabei wurde offenbar, dass sie unter schweren seelischen Problemen leidet. Zur Zeit lebt sie in einer sozialpsychatrischen Einrichtung in der Nähe von Salzwedel. In der Vergangenheit hatte sie sich auch im Krankenhaus Uchtspringe in Behandlung begeben.

Während sie einen Teil der Vorwürfe zugab, konnte sie sich an andere nicht erinnern. Ihre Vergehen begründete sie in erster Linie mit ihrer finanziellen Situation. „Ich war pleite und hatte Hunger, konnte aber nicht bezahlen“, lieferte sie eine Erklärung für die Zechprellerei. Beim Richter stieß sie damit auf wenig Verständnis. „In einem Restaurant haben Sie ausgiebig gespeist. Mit Hauptgericht und Nachspeisen. Das sieht für mich nicht nach einem ausgehungerten Magen aus“, konterte Klaus Hüttermann die Einlassung der Angeklagten.

Auch die Staatsanwältin wollte die Geschichte der prekären Finanzen nicht so richtig glauben: „Es ist fast kein Tag vergangenen, an dem sie keine Straftat begangen haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles aus Geldmangel passiert ist.“

Zumindest beim Diebstahl der Haustiere gab die Frau zu, dass sie aus einem anderen Antrieb gehandelt habe: „Vielleicht habe ich mich in dieser Situation sehr alleine gefühlt.“

Was auch immer die Gründe für die Streifzüge durch die Salzwedeler Geschäfte gewesen sein mögen, die meisten Läden wird sie in Zukunft nicht mehr betreten. Mehrere Inhaber haben ein lebenslanges Hausverbot gegen die Angeklagte verhängt. „Sie haben in der Stadt wirklich verbrannte Erde hinterlassen“, merkte Klaus Hüttermann an. Ob die Frau sich dessen wirklich bewusst ist, bleibt aber fraglich.