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Ergasförderung Bohrschlamm bleibt Reizthema

Sie sind Relikte der Erdgasförderung im Altmarkkreis Salzwedel: Bohrschlammgruben. Ihre genaue Anzahl ist unbestimmt.

Von Antje Mewes 02.02.2018, 02:00

Salzwedel l Den Mitarbeitern der Kreisverwaltung war klar, dass das Interesse an der Sitzung des Ordnungs- und Umweltausschusses am Mittwochabend größer sein wird als gewöhnlich. Deshalb war sie in den Kreistagssaal verlegt worden. Überwiegend Mitglieder der Bürgerinitiative Saubere Umwelt & Energie Altmark hatten im Gästebereich Platz genommen, um zum Tagesordnungspunkt „Informationen zu den Bohrschlammgruben im Altmarkkreis“ zu Wort zu kommen und sich die Ausführungen der Vertreter der Landesanstalt für Altlastenfreistellung anzuhören. Deren Geschäftsführer Jürgen Stadelmann erklärte gleich zu Beginn: „Wir haben als Landesanstalt kein Interesse daran, irgendwelche Zahlen, Fakten oder Daten zu verheimlichen.“

Projektleiter Klaus Heise erklärte die wichtigsten bereits erfolgten Rückbauarbeiten und die weiteren Pläne. So würden nach und nach all jene technischen Ausrüstungen und Anlagen rückgebaut, die nicht mehr für die Erdgasförderung, -aufbereitung und -verteilung genutzt werden. Ziel sei die Wiedernutzbarmachung der zur Produktion genutzten Areale für die Land- und Forstwirtschaft und die Rückgabe an die Eigentümer. Insgesamt seien seither 237 Millionen Euro in das „ökologische Großprojekt“ investiert worden.

Diese Punkte waren weitgehend unstrittig. Was für Emotionen vor und nach der Präsentation sorgte, waren jene Gruben, die vor 1990 meistens einfach zugeschoben und aufgefüllt worden sind. Sie seien in der Regel an die damaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) oder deren Kooperationspartner zurückgeben worden.

Oftmals hätten zu einem Bohrplatz mehrere 2,5 bis 3 Meter tiefe Gruben gehört. Dorthinein sei alles verklappt worden, was der Bohrer hochgeholt habe und Schmierstoffe, wie Mineralölkohlenwasserstoffe. Sie enthielten Chloride, aber so gut wie keine Schwermetalle. Ihre genaue Anzahl und Lage sollen nun anhand vorhandener Quellen recherchiert und die Daten digitalisiert werden. Ausgegangen wird von rund 350 Standorten mit einer unbestimmten Anzahl von Gruben. Es soll überprüft werden, ob Handlungsbedarf besteht, so bei Nähe zu sensiblen Bereichen, wie zu Wasserschutzgebieten, Vorflutern, Wohngebäuden oder bei Gefahr fürs Grundwasser. Eins machte Stadelmann unmissverständlich klar: „Wir werden nur tätig, wo Erfordernisse bestehen.“ Es sei nicht möglich, alle Gruben zu sanieren. Dazu gebe es weder personelle noch finanzielle Kapazitäten. Es werde auf Anfragen und Beschwerden von Bürgern reagiert und geschaut, ob etwas getan werden müsse.

Damit waren die Umweltaktivisten gar nicht einverstanden. Sie forderten, dass es für alle Standorte Untersuchungen des Grundwassers gibt. Als verharmlosend und sachlich falsch empfand Dieter Leupold vom Öko-Dorf Poppau die Aussagen. So hatte Jürgen Stadelmann in der Diskussion erklärt, dass die Kohlenwasserstoffe keine Gefahr für die Grundwasserleiter darstellten. In dem Punkt waren auch die BI-Mitglieder anderer Meinung. Ihres Wissens nach sei zudem sehr wohl Quecksilber im Bohrschlamm enthalten. Es könne nicht sein, dass die Bürger mit diesem Problem allein gelassen würden. Für ihn sei es eine Mindestanforderung, dass alle Gruben auf ihr Gefahrenpotenzial untersucht würden, so Leupold. Wo sie sich befinden, sei den Übergabeprotokollen zu entnehmen, die es auch zu DDR-Zeiten gab. Dafür erhielt er volle Rückendeckung der BI.