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EU-Programm Adiós Madrid, buenos dias Altmark

Ein Praktikum mit anschließender Ausbildung starteten in Salzwedel im Rahmen eines EU-Programms neun Spanier im Alter von 20 bis 27 Jahren.

Von Luise Gand 11.07.2016, 23:01

Salzwedel l Sergio Acebrón (20) strebt eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker an und ist positiv gestimmt: „Ich finde es super, die Kollegen sind sehr nett und die Arbeit gefällt mir“. Die anderen sechs jungen Männer, die bei der Gesprächsrunde dabei sind, stimmen ihm zu. Daniel Hernandez (27) macht gerade sein Praktikum als Gärtner, Ali Fakih (25) und Cristian Durán (26) wollen Informatiker werden. Auf eine Ausbildung als Tischler hofft David Montero (21), Victor Yenque (25) möchte als Kälte-Mechatroniker, Marcos Recalck (26) als Solar-Installateur loslegen.

Seit gut zwei Wochen absolvieren sie nun schon ein vierwöchiges Praktikum im jeweiligen Betrieb, darauf soll dann eine Ausbildung folgen.

Ein bisschen Schwierigkeiten bereiten ihnen noch die viele Fachbegriffe, die sie im Rahmen ihrer Lehre lernen müssen. „Außenspiegel, Innenspiegel, Feder, Motor, Bremsflüssigkeit…“, zählt Sergio auf und berichtet, dass er sich jeden Tag viele neue Vokabeln aneignet. Das muss sein, sonst wird die Kommunikation bei der Arbeit unmöglich. Dafür haben die Spanier bereits in ihrer Heimat einen Deutschkurs besucht und führen ihn hier weiter fort, Ziel ist Sprachniveau B2. Die Unterhaltung funktioniert einwandfrei, ein paar Problemchen bereiten ihnen meistens Umlaute und Artikel. Die deutsche Sprache zu lernen sei wirklich schwierig. „Heißt es mir oder mich?“, fragt sich Daniel ab und an bei der Verwendung von Pronomen.

Bisher fühlen sich die jungen Spanier hier sehr wohl und empfinden die Salzwedeler als gastfreundlich. Allerdings ist es ihnen manchmal etwas zu ruhig in der Stadt. „Wir kommen aus Madrid, da wird nie geschlafen. Da kannst du montags bis sonntags bis in die Nacht einkaufen oder in die Kneipe gehen…“, erzählt Sergio. Das ist in Salzwedel bekanntlich nicht so, aber die jungen Leute machen das Beste daraus: Sie sind viel mit ihren Rädern unterwegs, gehen in der Altstadt spazieren und versuchen, den Ort und die Leute immer besser kennenzulernen. „Wir machen unsere eigene Party“, lacht Ali. Auch bei der Europameisterschaft haben sie mitgefiebert – natürlich für Deutschland, nachdem die Spanier aus dem Turnier gekickt wurden.

Birte Albrecht, die das Projekt über den Bildungsverbund Handwerk betreut, möchte eine Zusammenarbeit mit lokalen Freizeit- und Sport- einrichtungen aufbauen. Als Ausgleich neben der Arbeit, Hobby und gegen die Langeweile.

An Spanien vermissen die jungen Männer das Essen und die Lebensmittel, besonders den spanischen Serrano-Schinken – da sind sie sich alle einig. Auch gegen eine Paella hätten sie nichts einzuwenden. Kulinarisch sind sie in Salzwedel noch auf Entdeckungstour. Döner hat es ihnen angetan, der sei viel größer und günstiger als in Spanien. Vollkornbrot genießen sie beinahe täglich und das deutsche Bier trinken sie auch ganz gerne. Das liebste Produkt ist für Sergio aber eindeutig Capri-Sonne, „das ist besser als jedes Getränk!“, schwärmt er. Natürlich vermissen die Spanier auch ihre weit entfernte Familie. Die sehen sie das nächste Mal an Weihnachten, wenn sie Urlaub haben.

An den deutschen Sommer müssen sich die jungen Männer noch gewöhnen. „Das Wetter hier ist verrückt, erst fünf Minuten Sonne, dann fünf Minuten Regen, dann wieder Sonne…“, sagt Sergio und die anderen lachen.

Trotz der kleinen Alltagstücken können sich alle Teilnehmer eine Zukunft in Salzwedel vorstellen und starten motiviert in die nächsten Wochen, damit am Ende des Praktikums tatsächlich der Ausbildungsvertrag winkt.

Die Jungs verstehen sich untereinander prima, obwohl sie sich vor dem Projekt noch nicht kannten. Sie sind Freunde geworden, die jeden Tag etwas Neues erleben, ständig dazulernen und sich nach und nach auf ihre neue Heimat einstellen – das schweißt zusammen.

Unterstützt wird das Projekt vom Bildungsverbund Handwerk im Rahmen des Sonderprogramms MobiPro-EU, das jungen Menschen zwischen 18 und 28 Jahren in Europa eine betriebliche Ausbildung ermöglicht. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten, denn das Projekt wirkt einerseits dem zunehmenden Fachkräftemangel in Deutschland entgegen und senkt gleichzeitig die Jugendarbeitslosigkeit in einigen europäischen Ländern.

Für die Spanier in Salzwedel werden noch Gastfamilien gesucht. Neben der Ausbildungsvermittlung ist vor allem die gesellschaftliche Integration angestrebt und die gelinge über Gastfamilien und neue Kontakte am besten. Für eine bessere Mobilität fehlen den jungen Spaniern auch noch ein paar Fahrräder.

Wer einem der zukünftigen Azubis einen Familienanschluss ermöglichen möchte, ein Fahrrad erübrigen kann oder ein paar Ideen für eine Freizeitgestaltung hat, möchte sich bei Birte Albrecht, Telefon: 03901/307 70 21, Mobil: 01575/720 44 34, E-Mail: b.albrecht@bvh-karriere.de melden.