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Feierstunde 106-jährige Fahne kehrt zurück

Die Fahne des Männer-Gesang-Vereins Eintracht Diesdorf ist restauriert zurück in der Alten Darre. Sponsoren machten die Arbeiten möglich.

Von Anke Pelczarski 25.09.2018, 15:00

Diesdorf l 25 Euro fehlten am Sonntagnachmittag noch zur Gesamtsumme, die für das Restaurieren der im Jahr 1912 geweihten Fahne aufzubringen waren. Die Anwesenden gaben gern und füllten die Lücke.

Elisabeth Thom, Kassenwartin des Fördervereins Alte Darre Diesdorf, hatte im Vorjahr die Idee für die Spendenaktion. „Ihrem Engagement ist es zu verdanken, dass die Fahne nun restauriert ist und damit an den einstigen Gesangverein erinnert wird“, bedankte sich Vize-Bürgermeisterin Angelika Scholz während der kleinen Feierstunde. Auch heute würde es noch Chöre im Ort geben, die am ersten Advent zum Singen in die Kirche einladen würden.

„Am Tag des offenen Denkmals 2017 hatten wir drei historische Fahnen in Vitrinen ausgestellt“, erinnerte sich Elisabeth Thom. Die Diesdorferin Kathrin Knoblauch habe die Loreley auf der Sänger-Fahne erkannt und damit den Anstoß gegeben, übers Restaurieren nachzudenken. Doch wie die Idee umsetzen? „Meine Tochter hat Fotos bei gutem Licht gemacht, inklusive einem Zollstock für die Größenverhältnisse“, erzählte die Kassenwartin.

Der Kontakt mit einer Fachfrau ergab einen Kostenvoranschlag, die Nachfrage an der Hochschule Burg Giebichenstein den Hinweis auf eine weitere Spezialistin. Auch diese unterbreitete ein Angebot. Nicht nur dieses habe dem Förderverein gefallen, sondern auch der Wohnort in Bad Lobenstein. „Das liegt an der A9. Da kommen wir vorbei, wenn wir zu unserer Tochter fahren“, berichtete Elisabeth Thom. Am 6. April brachte sie mit ihrem Mann Herbert die wohlverpackte Fahne zur Restauratorin Christiane Schill.

Doch woher das Geld nehmen? „Ich habe 33 Briefe an Unternehmer geschrieben, die in Diesdorf aktiv sind“, sagte sie. 18 hätten einen Betrag überwiesen. „Es ist mir, ehrlich gesagt, schwer gefallen zu betteln. Aber es war für einen guten Zweck“, fügte die Kassenwartin hinzu. Inklusive der Hilfe von sieben Privatspendern und 190 Euro, die für Tisch und Bänke vor der Alten Darre gedacht, aber dafür nicht mehr benötigt wurden, seien so 3027 Euro zusammengekommen.

„Im Jahr 1912 hat die Fahne 300 Mark gekostet“, verglich sie. Der Weg der Chor-Fahne sei noch nicht ergründet. Ein Sammler aus den alten Bundesländern habe sie dem Freilichtmuseum Diesdorf für 500 Euro angeboten. Dieses verwies an die Gemeinde, die das gute Stück zurückkaufte. „Ohne Sie hätten wir die Restauration nicht bezahlen können“, bedankte sich Elisabeth Thom bei den Sponsoren.

Ortschronist Heinz-Günter Klaas, der die Chronik des Männer-Gesang-Vereins verwahrt, gab einiges daraus zum Besten. So sei bei der Gründung im Jahr 1902 Heinrich Holtorf zum Dirigenten bestimmt worden. Der Beitritt habe 2,25 Mark gekostet, das Bier 24 Pfennige. Fürs Zuspätkommen mussten 10, fürs Fehlen 25 Pfennige bezahlt werden. Zum Stiftungsfest 1907 seien etwa 40 Chöre eingeladen gewesen, wovon 21 zugesagt hätten. Diese seien mit Pferdewagen angereist. 1925 hätten die Diesdorfer an einem Fest in Jübar teilgenommen. „Bis morgens drei Uhr wurde gefeiert. Auf dem Rückweg stoppten die Sänger in Stöckheim. Da hatte noch jemand Licht an“, erzählte er. Otto Hecht habe den Chor bis 1958 geleitet, dann sei er in den Westen gegangen. Siegfried Ebert baute in den 1960er Jahren einen gemischten Chor auf, der bis zur Wende existierte.

Matthias Jürges aus Wistedt hörte interessiert zu. In seinem Ort gibt es noch die Fahne vom Männergesangsverein Liederkranz Wistedt aus dem Jahr 1913. „Doch die ist gestickt“, berichtete er. Elisabeth Thom bot ihm trotzdem die Kontaktdaten zur Restauratorin in Bad Lobenstein an.