1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Zwei Jahre Bewährung für Racheakt

Feuer in Hansestraße Zwei Jahre Bewährung für Racheakt

Das Amtsgericht hat einen 26-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Mann hatte in der Wohnung seines Ex-Geliebten Feuer gelegt.

Von Alexander Walter 22.09.2016, 01:01

Salzwedel l Am Morgen des 31. März herrscht Panik im Treppenhaus des Eingangs 25 an der Hansestraße. In einer Wohnung im Erdgeschoss ist gegen 2 Uhr Feuer ausgebrochen. Inzwischen stehen die Räume in Vollbrand. Rauch steigt im Treppenhaus auf. Zwei Bewohner des Eingangs erleiden Rauchvergiftungen. Der Schaden durch Flammen und Löschwasser wird sich am Ende auf 140 000 Euro belaufen.

Was zu diesem Zeitpunkt niemand weiß: Hinter dem Brand steht eine Beziehungstat. Gelegt hat das Feuer der damals 25-jährige Christian Z. (alle Namen geändert). Nach dem Scheitern seiner Beziehung zu Hannes L. will er sich am Ex-Geliebten rächen.

Die gemeinsam mit seinem Kumpel Marcel F. begangene Tat gesteht er noch in der Brandnacht den herbeigeeilten Ermittlern. Nach fünf Monaten in Untersuchungshaft muss sich Christian L. gestern wegen schwerer Brandstiftung und fahrlässiger Körperverletzung vor dem Amtsgericht Salzwedel verantworten. Hier wiederholt er zunächst sein Geständnis.

Demnach hat sich Folgendes ereignet: Die Freunde Christian Z. und Marcel F. verabreden sich am 31. März in der Wohnung von Marcel F. zum Trinkgelage. Dabei kommt das Gespräch auf die gescheiterte Beziehung zwischen Z. und dem jüngeren Hannes L. Die Männer reden sich in Rage, beschließen hinüber zur nur drei Eingänge entfernten Wohnung des Ex-Geliebten zu gehen, und ihm „auf die Fresse zu hauen“, schildert der aus der Untersuchungshaft angereiste Marcel F. gestern.

Als sich zeigt, dass L. nicht da ist, klettern die Männer mithilfe eines Fahrrads auf den Balkon, brechen mit Tritten die Balkontür auf, dringen in die Wohnung ein, randalieren, räumen Schubladen aus, kippen Tische und Stühle um. Schließlich beschließen sie, die Wohnung in Brand zu setzen.

Wer bei den Taten den aktiveren Part spielt, bleibt vor dem Amtsgericht strittig. Während Marcel F. erklärt, „Christian Z. hat plötzlich mit einem Lachen ein Kissen angezündet“, sagt Christian Z. seinerseits aus, Marcel F. habe ihn aufgefordert: „Lass uns die Bude abfackeln“. Auch mit Blick auf den Tatverlauf insgesamt weisen sich die beiden Männer gegenseitig die Verantwortung zu. Während Marcel F. die Geschehnisse als Racheakt des verlassenen Christian Z. beschreibt, erklärt dieser von Marcel F. überredet und gedrängt worden zu sein.

Vier Zeugen, darunter der Geschädigte Hannes F. und drei Polizisten ergänzen anschließend das Bild: Unmittelbar nach der Tat geraten die beiden stark alkoholisierten Täter demnach wohl in Panik, alarmieren die Feuerwehr. Als die Polizei eintrifft, geht Marcel F. auf den ermittelnden Kriminalhauptkommissar zu und erklärt, er wisse, wer den Brand gelegt hat. Vor der Tür gesteht Christian Z. den Beamten danach Einbruch und Brandstiftung. Ein Polizeibeamter erinnert sich: „Er kam lächelnd auf uns zu, es schien wirklich an ihm vorbeizugehen.“

Die psychiatrische Gutachterin bescheinigt Christian Z. im Gerichtssaal neben seiner Alkoholisierung in der Tatnacht (ein Test um 5.15 Uhr ergab 1,55 Promille) auch eine verminderte Intelligenz sowie eine unreife, unsichere Persönlichkeit. Sie hält die Darstellung des Tathergangs durch Christian Z. dennoch für plausibel. Es sei gut möglich, dass er mit seinen Taten seinen Selbstwert vor dem Kumpel Marcel F. stärken wollte. Strafmindernd wirken sich allerdings weder der Alkoholpegel noch die psychischen Einschränkungen aus.

Am Ende fordert die Staatsanwaltschaft bei einem möglichen Strafmaß von 1 bis 15 Jahren eine Strafe von zwei Jahren Gefängnis. Die Verteidigung plädiert auf zwei Jahre, ausgesetzt zur Bewährung.

Nach halbstündiger Beratung verkündet das Schöffengericht sein Urteil: Christian Z. erhält eine Strafe von zwei Jahren Gefängnis, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung und er muss die Kosten des Verfahrens tragen. „Wir haben darüber beraten, ob Sie Ihre Lektion gelernt haben oder eine tickende Zeitbombe vor uns sitzt“, sagt Richter Klaus Hüttermann. Und: „Wenn Sie das Vertrauen missbrauchen, werden Sie im Gefängnis sitzen.“

Marcel F. ist da schon wieder auf dem Weg in die U-Haft. Zwar kam er nach der Tat mit Christian Z. wieder auf freien Fuß. Er steht aber im Verdacht, erst am Samstag ein Feuer in der Buchenallee 7 gelegt zu haben. Sein Verfahren wird auch deshalb getrennt verhandelt.