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Flüchtlingspolitik „Nur einfach mal die Hand reichen“

Rechtliche Probleme, Informationsaustausch und die Stärkung des Netzwerks in der Flüchtlingsarbeit sind in Salzwedel thematisiert worden.

Von Alexander Rekow 15.12.2017, 16:11

Salzwedel l „Haben wir denn was aus der Vergangenheit gelernt“, fragte sich Harry Helbig aus Salzwedel, „immerhin besteht diese Situation seit über zwei Jahren.“ Dieser und weiteren Fragen konnte der Salzwedeler, der sich unter anderem in der Kreisvolkshochschule für die Belange und Fragen von Flüchtlingen einsetzt, im Begegnungszentrum „Efje“ in der Reichestraße 51 auf den Grund gehen. Viel zu oft stoßen er und weitere Engagierte in der Flüchtlingsarbeit an Grenzen. Daher haben Evelyn Ruppert-Schulze von der diakonischen Flüchtlingshilfe aus Salzwedel und ihre Kollegin Christina Dietmann aus Gardelegen eine Informationsveranstaltung zu den aktuellen Herausforderungen bei der Unterstützung von geflüchteten Menschen initiiert. Unterstützung haben die Frauen von Peter Desoi vom Verein „eXchange“ erhalten, der seine Erfahrungen mit den Teilnehmern teilte. Für den fachlichen Input sorgte Christine Bölian vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt aus Magdeburg. Finanziert hat die Veranstaltung die Bundeszentrale für politische Bildung.

Auf der Agenda der Teilnehmer standen die Punkte Familiennachzug, Verlängerungen des Aufenthaltsrechts, der Arbeitsmarktzugang und Wohnsitzauflagen.

Letzteres beschäftigt Peter Desoi maßgeblich, schließlich unterstützt er Asylsuchende auch bei der Wohnungssuche. „Bei der Wohnbaugesellschaft in Salzwedel muss man mindestens zwei Jahre wohnen“, sagt Peter Desoi, „doch was ist, wenn der Aufenthaltsstatus nur ein Jahr ist?“ Kopfschütteln unter den Teilnehmern. „Die Argumentation verstößt gegen das Selbstbestimmungsrecht“, weiß Christine Bölian. Sie kennt diese Situationen, auch bei den Ämtern soll nicht alles klappen. „Oft verhalten sich Behörden falsch“, sagt Bölian den Teilnehmern, „mal wissen sie es nicht besser, mal ändern sich die Richtlinien.“ Nicht selten, so Bölian, helfe auch der Klageweg. Zudem helfe bei einer Klage gegen einen Asylbescheid auch das Verwaltungsgericht.

Mit den Behörden hatte auch Ann-Kristin Brumund vom Bildungsverbund Handwerk ihre Erfahrungen gemacht. Dabei stößt sie nicht selten auf sprachliche Defizite. „Bei den Behörden spricht oft keine Englisch – nicht einmal in der Ausländerbehörde“, wundert sich Brumund. Dabei gehöre das ihrer Ansicht nach zur Grundbildung, schließlich arbeiten diese mit internationalem Klientel. „Wie sollen sich Flüchtlinge sonst bitte mit den Mitarbeitern der Behörde verständigen“, fragen sich Brumund und ihr Kollege Hans-Hermann Willmerding.

Immer wieder stoßen die Teilnehmer auf Probleme, die wenig bis gar nicht nachvollziehbar sind. So kann ein in Kuhfelde lebender Asylsuchender keine Arbeit in Salzwedel aufnehmen, da er mit Bus nicht rechtzeitig am Arbeitsplatz ankommen würde, erklärt Desoi. Für den Chef ein Grund, den Mann nicht zu beschäftigen. Oder eine Analphabetin , deren Familie umziehen darf, sie aber nicht. Dabei muss man sich „Nur einfach mal die Hand reichen“, weiß Ann-Kristin Brumund.