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Fragenkatalog Nachbeben eines Bürgerdialogs

War die Vermietung des Salzwedeler Kulturhauses für den AfD-Bürgerdialog zu vermeiden? Zwei junge Stadträte stellen Fragen.

Von Alexander Rekow 13.02.2020, 03:00

Salzwedel l Kaum eine Veranstaltung in Salzwedel polarisierte so wie diese: Der Bürgerdialog der Alternative für Deutschland (AfD) in Salzwedel am Freitag, 24. Januar, im Kulturhaus stand kurz zuvor sogar auf der Kippe. Die Fraktionen von Linke und Grünen hatten im Vorfeld der Veranstaltung – bei der die dem „Flügel“ zugehörenden AfD-Politiker Björn Höcke und Andreas Kalbitz als Gastredner auftraten – noch mit einem Antrag zu verhindern versucht.

„Der Flügel“, dem sich die Rechtsaußen der Partei zuordnen, war im Januar 2019 vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall für rechtsextremistische Bestrebungen eingestuft worden.

„Wir wollen Schaden von der Stadt abwenden“, begründete Linken-Fraktionsvorsitzende Ute Brunsch kurz vor dem Bürgerdialog im gemeinsamen Antrag. „Mietverträge sind ein Geschäft der laufenden Verwaltung“, hatte Salzwedels Bürgermeisterin Sabine Blümel im Hauptausschuss entgegnet, weshalb der Antrag nicht auf die Tagesordnung genommen werden könne. Außerdem sei die AfD eine demokratisch gewählte Partei.

„Dass ich mit Leuten an einem Tisch sitzen muss, die Rechtsradikale nach Salzwedel holen, ist zum Kotzen“, hatte daraufhin CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Fernitz kommentiert. Unterm Strich fand die Veranstaltung statt. Björn Höcke durfte im Salzwedeler Kulturhaus unter großen Protesten auf den Straßen reden.

Nun konfrontieren die Stadtratsmitglieder Cathleen Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen) und Marco Heide (Die Linke) die Stadtverwaltung mit einem 36 Fragen umfassenden Katalog rund um die als Bürgerdialog ausgewiesene Veranstaltung der AfD.

Doch worum geht es den beiden Stadträten in dem Fragenkatalog an die Stadt, der der Volksstimme vorliegt? Beispielsweise darum, ob es sich beim AfD-Bürgerdialog um eine private oder eine öffentliche Veranstaltung handelte. Dies habe den Hintergrund, dass Menschen ausgeschlossen worden seien. „Jeder muss reingelassen werden, wenn die Veranstaltung öffentlich ist“, betont Cathleen Hoffmann: „Es wurden auch Personen wieder rausgebeten.“

Eine weitere Frage zielt auf Details des Mietvertrages mit der AfD ab. Nach Aussage von Sabine Blümel sei nicht bekannt gewesen, dass Björn Höcke und Andreas Kalbitz als Hauptredner auftreten würden.

Wäre es im Vorfeld klar gewesen, hätte es nach Einschätzung der beiden Stadträte möglicherweise eine veränderte Risikoabschätzung gegeben. Außerdem wollen beide Kommunalpolitiker von Salzwedels Stadtchefin wissen, ob diese nach „den Vorkommnissen erneut an die AfD vermieten“ würde.

„Vier Wochen hat die Stadt nach Kommunalverfassung Zeit, die Fragen zu beantworten“, rechnet Hoffmann vor. Spätestens dann wolle man Antworten auf die Fragen.

„Ich denke, dass wir damit viele Fragen gestellt haben, die nicht nur uns interessieren, sondern auch den einen oder anderen Salzwedeler“, erklärt Marco Heide gegenüber der Volksstimme. Schließlich sei das Missfallen vieler mittels Protest deutlich geworden. Am Tag der Veranstaltung waren sechs Protest-Demonstrationen und Mahnwachen angemeldet worden, etwa 1300 Menschen waren dafür auf die Straßen gegangen und hatten vor dem Kulturhaus ihren Unmut lautstark bekundet.

Nicht nur die Stadträte würden deshalb Antworten verdienen, sondern auch die breite Öffentlichkeit, so der Linken-Stadtrat. „Außerdem zielen einige Fragen darauf ab, wie man künftig derartige Veranstaltungen verhindern kann oder die Veranstaltung beauflagt werden, dass sie zu einem tatsächlichen Bürgerdialog werden.“

Sowohl für Marco Heide als auch für Cathleen Hoffmann steht fest: Diese Veranstaltung war kein Bürgerdialog. Vielmehr sei es eine „Parteiveranstaltung“ gewesen, bei der „die Besucher agitiert wurden. Was anderes war das nicht.“ Die Fragen hätten zwar auch in einem Ausschuss oder im Stadtrat thematisiert werden können, doch die beiden Stadträte haben sich bewusst für diesen Weg entschieden, weil die Fülle der Fragen nach ihrer Einschätzung den Rahmen der Sitzung sprengen würden.