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Hoher Chor Rettung in letzter Minute

Wegen akuter Einsturzgefahr wurde der Hohe Chor der Salzwedeler Katharinenkirche vergangene Woche gesperrt. Doch Rettung naht.

Von Alexander Walter 23.09.2015, 01:01

Salzwedel l Wenn am Sonnabend in der Katharinenkirche das Herbstkonzert der Kantorei erklingt, wird es für längere Zeit die letzte große Aufführung vor dem prächtigen Hohen Chor des Gotteshauses sein. Dass dem Ostteil der Kirche wegen Bewegungen im Gewölbe der Einsturz droht, ist zwar seit längerem bekannt. Vergangene Woche aber ist die Situation so ernst geworden, dass das Kirchenamt die Nutzung untersagt hat.

„Statiker haben berechnet, dass die Risse im Gewölbe so groß geworden sind, dass akute Einsturzgefahr besteht“, berichtet Gemeindekirchenrats-Vorsitzender Frieder Oßwald. Ein Absperrband warnt seitdem vor dem Betreten des gefährdeten Gebäudeteils. Die Katharinengemeinde will und muss jetzt schnell handeln. Der Bauantrag ist bereits gestellt. Im Oktober sollen die Arbeiten zur Rettung des Gewölbes beginnen.

Mit Kosten von rund 400 000 Euro rechnet die Gemeinde derzeit. Rund 28 000 Euro sollen als Eigenanteil aus Spenden generiert werden. 22 000 Euro davon hat die Gemeinde bereits zusammen.

Die Sanierung des Hohen Chores soll in drei Schritten erfolgen. In einem ersten werden mithilfe eines Gerüsts zunächst die Risse in der Gewölbedecke verpresst um die Einsturzgefahr zu bannen, sagt Jan Bodenstein, beauftragter Architekt für das Vorhaben.

Anschließend folgen Untersuchungen des Fundaments und Bohrungen im Untergrund. Schließlich soll der Untergrund unter den sieben Pfeilern des Chores in einem technisch aufwendigen Verfahren durch Säulen aus Flüssigbeton ausgetauscht werden. Ähnlich waren die Bauherren vor einigen Jahren bereits bei der Rettung des Westvorbaus vorgegangen. Dessen Sanierung hatte am Ende übrigens eine Million Euro gekostet.

Vom Großteil der Bauarbeiten werden Besucher im Innenraum der Kirche nichts bemerken. „Der große Vorteil ist, dass wir die Arbeiten von außen vornehmen können“, sagt Jan Bodenstein.

Dennoch wird der Blick in den Hohen Chor leiden. Der ursprünglich aus der Klosterkirche Dambeck stammende Einhornaltar wird während der Arbeiten umgestellt, sagt Frieder Oßwald. Die Buntglasfenster des Gewölbes sollen zudem mit großen Platten vor Schäden geschützt werden.

Von den Vorarbeiten für die Sanierung versprechen sich Frieder Oßwald und Jan Bodenstein auch Erkenntnisse über die Ursachen für den in den vergangenen Jahren immer schneller voranschreitenden Verfall des Gebäudeteils: Bislang war die Annahme, dass ein Ringanker, der die Pfeiler des Chores unterhalb des Gewölbes zusammenhält, seit der Entfernung eines zweiten Stahlträgers in den 1970er Jahren überlastet ist. Neuere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass die Ursachen eher im Fundament und/oder im Untergrund zu suchen sind, sagt Jan Bodenstein.

Als auslösender Faktor komme die natürliche Erosion des über 800 Jahre alten Gebäudegrunds ebenso in Frage wie Bodenveränderungen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen. Die wiederholt geäußerte Annahme, dass Bodensenkungen infolge der Renaturierung von Jeetze und Dumme verantwortlich sein könnten, greife dagegen zu kurz. „Da spielen viele Faktoren hinein“, so der Architekt.

Ausgeschlossen wurde indes ein Zusammenhang mit dem Neubau der Turnhalle am benachbarten Salzwedeler Jahngymnasium. „Es gab ein Beweissicherungsverfahren und das hat eindeutig belegt, dass es keine Auswirkungen gab“, sagt Frieder Oßwald.