1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Vieles bleibt auf dem Prüfstand

Jahresinterview Vieles bleibt auf dem Prüfstand

Salzwedels Bürgermeisterin Sabine Blümel blickt im Interview zurück auf 2017. Die Fragen stellten Antonius Wollmann und Arno Zähringer.

01.01.2018, 01:00

Volksstimme: Frau Blümel, nachdem die Stadt in den vergangenen Jahren in finanzielle Schieflage geraten war, konnte für 2017 ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden. Ist Salzwedel aus dem Gröbsten raus?

Sabine Blümel: Noch nicht. Es sind zwar Verbesserungen eingetreten, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Dank der Umsetzung des Liquiditätskonzepts sind wir wieder handlungsfähig und haben mehr Spielraum. Wir werden uns dazu ein freiwilliges Konsolidierungskonzept auferlegen, damit die Entwicklung nachhaltig ist. Alles bleibt auf dem Prüfstand. Sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite.

Um den Sachverhalt noch einmal zu verdeutlichen: Vor knapp zwei Jahren stand die Hansestadt finanziell am Abgrund. Wie viele Schritte ist die Stadt davon mittlerweile entfernt?

In dieser Frage muss man unterscheiden zwischen dauerhafter finanzieller Leistungsfähigkeit und der Zahlungsfähigkeit. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit haben wir uns deutlich verbessert. Die zwischenzeitlich gestundete Kreisumlage haben wir zurückgezahlt, die Liquiditätshilfen vom Land auch. Für Ende 2017 haben wir ein Kassenkreditvolumen von acht Millionen Euro.

Da sich die finanzielle Situation etwas verbessert hat: Wäre ein Verkauf des Seniorenzentrums Vita (Punkt 8 im Liquiditätskonzept) überhaupt noch zu vermitteln?

Ein Verkauf ist immer noch Bestandteil des Liquiditätskonzepts. Der Stadtrat hat mich beauftragt, dieses umzusetzen. Sobald das in Auftrag gegebene Gutachten vorliegt, wird es in den Fraktionen, den Ausschüssen und letztlich im Stadtrat beraten. Der Stadtrat wird über einen Verkauf entscheiden.

Die Stadt hat die Erstellung eines Wertgutachtens für die Vita in Auftrag gegeben. Liegen die Ergebnisse schon vor?

Zur Zeit noch nicht.

Bei vielen Mitarbeitern der Einrichtung geht Angst vor einer ungewissen Zukunft um. Werden die Mitarbeiter, was ihre Zukunft betrifft, zu sehr im Unklaren gelassen?

Die Sorgen der Mitarbeiter kann ich natürlich nachvollziehen. Aber es ist, wie gesagt, noch nichts entschieden. Mögliche Erträge sind auch nicht im nächsten Haushalt eingeplant. Ich weiß allerdings nicht, wie sich der Stadtrat entscheiden wird. Wir müssen uns auf jeden Fall darüber gemeinsam unterhalten, was wir uns leisten können und was nicht.

Unklar war zu Beginn des Jahres auch, ob das Waldbald Liesten öffnet. Im Juni fiel dann die Entscheidung für die Öffnung, knapp vier Wochen später dann die Rolle rückwärts. Die Stadtverwaltung machte dabei keine gute Figur. Hätte man das Hin und Her mit einer klaren Entscheidung vermeiden können? Die eklatanten Mängel waren den zuständigen Mitarbeitern in der Verwaltung offensichtlich weithin bekannt.

Wir haben zusammen mit dem Waldbadverein in Liesten versucht, den Badebetrieb aufrechtzuerhalten, weil viele Menschen das Waldbad besuchen. Leider hat sich während des Betriebes herausgestellt, dass die Mängel zu gravierend sind.

 

Es bleibt der Eindruck, dass die Stadtverwaltung es im Falle des Waldbades vielen Menschen recht machen wollte, sie dadurch aber umso mehr vor den Kopf gestoßen hat. Wie sehen Sie das in Rückblick?

Wollen Sie uns ernsthaft den Vorwurf machen, dass wir den Versuch unternommen haben, etwas für die Menschen zu unternehmen? Wie es gelaufen ist, ist natürlich sehr bedauerlich. Wir hatten bei der Schließung aber keine andere Wahl. Der Zustand der Fliesen beispielsweise war zu schlecht. Die Gefahr, dass dort Menschen zu Schaden kommen, war einfach zu groß. Diese Verantwortung konnten wir als Stadt nicht übernehmen.

Welche Lehren ziehen Sie aus dem Vorgang für das nächste Jahr? Das Thema Schwimmbäder wird ja sicherlich nicht von der Bildfläche verschwinden. Stichwort Bäderkonzept.

Wir wissen, dass die Bäderkonzepte vorliegen. Es gibt viele Ideen. Am Ende steht aber die Frage, wie wir sie finanzieren können. Bei den Bädern handelt es sich um eine freiwillige Aufgabe. Uns beschäftigt aber auch die laufende Werterhaltung der Einrichtungen. Was letztlich umgesetzt wird, diese Antwort muss der Stadtrat geben. Ich persönlich bin für eine nachhaltige Politik.

 

Während es im Jahr 2016 sehr harmonisch verlief, hat es in den Ausschusssitzungen und im Stadtrat in den Diskussionen in den vergangenen Wochen teilweise gekracht. Gerade beim Haushalt wollen die Stadträte sicherlich wieder mehr mitreden als in den vergangenen Jahren. Stellen Sie sich auf ein unruhiges Jahr 2018 an?

Dazu kann ich nur sagen, dass es von meiner Seite nicht gekracht hat. Ich kann bei den Sitzungen nicht mehr als die Fakten auf den Tisch legen und umfassend informieren. Darüber hinaus gilt mein Angebot an alle Fraktionen unverändert: Soweit erwünscht, liefere ich umfangreiche Informationen zu allen Themen in den Fraktionssitzungen. Aber das Haushaltsjahr 2018 wird sicherlich ein spannendes Jahr mit riesigen Herausforderungen für alle Beteiligten.

 

Hoch her ging es zuletzt beim Thema Zweckverband Breitband. Wie sehr trifft Sie der Vorwurf, Sie würden dabei nicht transparent handeln?

Dieser Vorwurf trifft mich überhaupt nicht. Ich habe zu diesem Thema alles mir Bekannte vollumfänglich vorgelegt und meines Erachtens für Klarheit und Transparenz gesorgt. Offenheit, Klarheit und Ehrlichkeit stehen für mich deshalb an erster Stelle.

Befürworter eines Beitritts zum Zweckverband bemängeln, dass die Menschen in den Ortsteilen allein gelassen werden, wenn man sich allein auf die Telekom verlässt. Zumal schnelles Internet mittlerweile für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit darstellt. Was können Sie diesem Argument entgegensetzen?

Ich kann verstehen, dass da viele Emotionen vorhanden sind. Aber ich muss darauf hinweisen, dass es sich beim Breitbandausbau nicht um eine kommunale Pflichtaufgabe handelt. Falls der Stadtrat einem Beitritt zum Zweckverband nicht zustimmt, kann ich dennoch versichern, dass wir die Ortsteile, die sogenannte „weiße Flecken“ bleiben und nicht ans Netz angeschlossen werden, nicht im Stich lassen. Wir suchen als Kommune natürlich auch nach Wegen, um helfen zu können. Entsprechende Anträge beispielsweise werden wir dann stellen.

Als Sie Ihr Amt im März 2016 antraten, sagten Sie, dass Sie die Stadt zusammen mit dem Stadtrat in eine gute Zukunft führen möchten. Wie weit sind Sie damit inzwischen gekommen?

Ich denke, dass wir schon sehr weit gekommen sind. Die finanzielle Lage hat sich durch die – zu großen Teilen – Umsetzung des Liquiditätskonzepts bedeutend verbessert. Zusammen mit dem Stadtrat und in Zusammenarbeit mit dem Kreis und Land. Dafür bin ich allen Beteiligten dankbar. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt. Aber wir sind auf dem richtigen Weg.

Im März sind Sie seit zwei Jahren im Amt. Inwiefern hat sich Ihre Amtsführung in diesem Zeitraum geändert?

Wenn man wie ich vom Stadtrat in die Verwaltung wechselt, entwickelt man natürlich eine ganz andere Betrachtungsweise der Dinge. Allerdings habe ich mich in den Jahren zuvor als Stadträtin und Ortsbürgermeisterin schon intensiv mit den Themen befasst, deshalb musste ich nicht bei Null anfangen. Natürlich entwickelt man sich immer weiter. Und zum Glück habe ich sehr gute Mitarbeiter in der Verwaltung, die mich toll unterstützen und auch Anteil am Erfolg unserer Arbeit haben.

Was wünschen Sie sich für Salzwedel im Jahr 2018?

Ich wünsche mir, dass wir den eingeschlagenen Weg weiter gehen, die nächsten Schritte in die Zukunft machen und Entscheidungen treffen, die der Stadt nachhaltig dienen. Salzwedel soll eine liebenswerte und lebenswerte Stadt mit vielen Angeboten bleiben. Ich hoffe außerdem, dass die bisher gute Zusammenarbeit mit dem Stadtrat fortgesetzt wird.

Zum Abschluss: Haben Sie jemals bereut, das Amt angetreten zu haben?

An keinem einzigen Tag. Es macht immer noch Spaß, im Dienst der Stadt tätig zu sein. Außerdem hat Politik für mich auch etwas mit Leidenschaft zu tun.