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Kaffeetasse Ein kleines Stück Neuseeland

Volksstimme-Serie "Auf eine Tasse Kaffee" dieses Mal mit Marian Ondraczek. Er ist "Kaffeedealer".

Von Dan Tebel 12.12.2016, 20:00

Gardelegen l Marian Ondraczek vertickt heißes Zeug mitten auf dem Gardeleger Marktplatz. „Bis zu 15 Leute gleichzeitig standen schon bei mir“, erzählt der 41-Jährige. Was für die Leute früher die Stammkneipe gewesen, sei jetzt das hier, erklärt er. „Koffeebreak“ heißt dieser Ort und Marian Ondraczek ist der „Kaffeedealer“.

Ondraczek lebt seit mehr als fünf Jahren davon, aus einem 21 Jahre alten T4-Bus Kaffee, Tee und Kakao zu verkaufen. Im Kofferaum hat er damals in dreimonatiger Arbeitszeit eine mobile Espressobar eingebaut. Im Auto befinden sich die restlichen Notwendigkeiten, wie Stromversorgung und Wassertank. Das notwendige Knowhow für guten Kaffee eignete sich der gelernte Zimmermann bei einer dreitägigen Barrista-Schulung in Berlin an.

Zuvor war der gebürtige Gardeleger fünf Jahre in Neuseeland unterwegs. Kurz vor seinem 30. Geburtstag entschied sich Ondraczek für eine Work-And-Travel-Reise auf den Inselstaat. Zunächst als eine Art Hausmeister tätig, baute er später Treppen und Brücken für Gebäude. Diese Reise sollte sein Leben verändern: Mitgebracht hat er neben einer entspannten Lebensweise auch eine neue Geschäftsidee.

„Die Neuseeländer haben eine völlig andere Kaffeekultur als wir. Dort gibt es überall mobile Kaffeewagen. Und genau so etwas fehlte hier“, sagt Ondraczek. In seinen Handwerksberuf fand er in Deutschland nicht zurück und entschied sich stattdessen für die Selbstständigkeit – als „Kaffeedealer“. Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut hat: „Das hier ist mein kleines Stück Neuseeland, was ich mitgenommen habe“.

Zweimal wöchentlich steht er auf dem Marktplatz in Gardelegen und sonst überall dort, wo genug Leute seien, sagt er. Den Großteil seiner Kundschaft kennt er persönlich. Aber nicht mit ihrem Namen, sondern durch deren Trinkgewohnheiten. „Ich kann mir nur Gesichter merken“, erzählt er schmunzelnd. Den Leuten gefällt das. Viele kämen regelmäßig und manchmal nur zum Quatschen“, sagt er.

Über den Erlös seines Geschäftes beschwert er sich nicht. Vor allem aber nicht über seinen Job: „Ich freue mich jeden Tag auf meine Arbeit und könnte mir vorstellen, noch mit 60 Jahren hier zu stehen“, sagt er. Der Spaß bei der Arbeit sei doch das wichtigste und das würden viele Leute vergessen, so der entspannte Gardeleger. Neben der Kaffeemaschine hängt ein Bild mit der Aufschrift: „Kaffeepausen sind Tankstellen für Geist und Seele“. Ondraczek hat eine Tankstelle, an der die Menschen Kraft tanken und kurz zur Ruhe kommen.