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Karneval 650 Stunden im Jahr für den Verein

In der Serie "Auf eine Tasse Kaffee" haben wir mit dem Vorsitzenden vom Erdgas-Carneval-Club Salzwedel Manfred Preuß gesprochen.

Von Dan Tebel 05.02.2016, 11:20

Salzwedel l Experimentierfreude und Engagement zeichnen den 64-jährigen Manfred Preuß aus. So ist es nicht verwunderlich, dass er am Nachmittag zum Kaffee mit der Volksstimme eine neue Sorte Stollen unter die Lupe nimmt. „Mal was Neues, das kann man ruhig mal probieren“, sagt der Salzwedeler und stochert mit der Kuchengabel im Gebäck.

Preuß mag die Abwechslung. Insbesondere auch in seinem Beruf. Der Vorsitzende des Erdgas-CarnevalClubs (ECC) 77 ist seit 1978 für den Karneval in der Hansestadt verantwortlich und stellt jedes Jahr ein neues närrisches Programm auf die Beine. „Man kann sich selbst verwirklichen und eigene Ideen einbringen“, sagt er. Genau das mache es aus. Die Motivation, die aus der Planung herausgehe, könne bestenfalls auf das Programm übertragen werden. Das Motto des jährlichen Karnevals wird im Kollektiv entschieden: „Wenn wir als Verein unsere Abschlussfahrt antreten, werden auf der Rückfahrt im Bus die ersten Ideen für das nächste Jahr gesammelt.“

Während seines Studiums in Magdeburg in den Jahren 1972 bis 1975 legt der Elektroingenieur den Grundstein seiner späteren Berufung. „Ich ging mit meinen Kommilitonen ins Kabarett und hörte etwas von Rudi Strahl (A.d.R.: erfolgreicher Komödienschreiber in der DDR). Daran habe ich Gefallen gefunden“, erklärt Preuß. Dessen Image als Spaßmacher und Unterhalter habe ihn beeindruckt. Zudem sei dies damals etwas Besonderes gewesen. „Die haben sich eben zu jener Zeit auch mehr getraut als sie durften“, resümiert er.

Die Funktion als Vorsitzender beim ECC 77 war zunächst nur als vorübergehend geplant und eng verbunden mit seiner Arbeitstätigkeit beim Erdgasbetrieb. Nun ist er bald 40 Jahre in dieser Position tätig und hat 75 Mitglieder unter seinen Fittichen. In den Anfangsjahren schrieb und hielt er auch selbst Büttenreden.

„650 Stunden im Jahr brauche ich, um den Verein zu leiten“, erklärt er. Zusätzlich ist der tüchtige Hansestädter noch als stellvertretender Präsident beim DRK ehrenamtlich tätig und Vorsitzender des Vergnügungsausschusses Siebeneichen. Dabei kommt einiges an Zeitaufwand zusammen. Seine Familie, Gattin Edeltraut und die zwei Kinder, unterstützen ihn. „Das Interesse am Karneval liegt in der Familie“.

Manfred Preuß nimmt mit der Stadtwache an mehr als 20 Auftritten im Jahr teil. So auch seit vielen Jahren an den internationalen Hansetagen. „Ich brauche kein Reisebüro. Wir fahren einfach mit der Stadtwache und mache die Hansestadt vielerorts bekannt“, erklärt der 64-Jährige. Der kulturelle Austausch sei ihm wichtig, allein um die Altmark publik zu machen. In diesem Jahr geht es nach Bergen in Norwegen. Zahlreiche Anstecker der vergangenen Veranstaltungen zieren sein Arbeitszimmer. „Wenn ich die alle anziehe, liege ich flach“, witzelt er nicht ohne Stolz. Zwar denkt Preuß noch nicht ans Aufhören, aber er hofft, dass Sohn Martin den Karneval in Salzwedel am Leben halten wird. Rückblickend stellt Manfred Preuß fest: Die Nachfrage am Karneval hat sich verändert. „Zu Anfang hatten wir 500 bis 600 Gäste pro Veranstaltung.“ Doch das ist vorbei. Denn „viele Besucher wollen heute die Büttenrede hören und ein multikulturelles Programm sehen“. Es geht also offenbar weniger um Kultur und Tradition, wie beim Rheinischen Karneval.

Und doch: Den Stollen nach alter Rezeptur mit neuer Kreation findet Manfred Preuß beim gemeinsamen Kaffee gut. Altes und Neues können harmonieren – wie auch beim Karneval.