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Kita Kuhfelde Lieber Abtrocknen als Mittagsschlaf

Die neue Kindertagesstätte in Kuhfelde ist vor 40 Jahren eröffnet worden. Der Geburtstag wird Mitte Juni gefeiert.

Von Anke Pelczarski 06.06.2017, 21:00

Kuhfelde l Baubeginn für den neuen Kindergarten in Kuhfelde war im Frühjahr 1974. Die erste Mauer stand im Februar 1975. Am 9. Juli 1977 öffnete das Haus. Eltern und das Kollektiv haben 290 Stunden ehrenamtlich mit zugepackt, im Rahmen des damaligen nationalen Aufbauwerkes. Das ist in der Chronik nachzulesen.

„Da ist vieles in Feierabendarbeit gemacht worden“, erinnert sich Marlene Gracz, die zur Neueröffnung mit von dem alten in den neuen Kindergarten wechselte. Zuvor seien die Kinder im benachbarten Wohnhaus untergebracht gewesen. Doch der Platz habe nicht gereicht: Die benachbarte Freifläche sei bebaut worden.

„Der Ort ist idyllisch gelegen. Es gibt nicht nur den Wald nebenan, sondern auch viel Platz zum Toben“, beschreibt die heute 75-Jährige den Vorteil der Lage. Sie habe immer Lust auf ihren Job gehabt. „Ich habe die Arbeit mit den Kindern als Erholung und Urlaub verspürt, auch durch die Umgebung“, erzählt die Kuhfelderin, die bis zum Jahr 2001 in der Einrichtung tätig war, davon viele Jahre als Leiterin.

Zu DDR-Zeiten seien nur die Größeren ab drei Jahre bis zum Schulbeginn betreut worden. „Im alten Kindergarten mussten die Muttis ihre Kinder 11.30 Uhr abholen und um 13 Uhr wieder bringen. Denn es gab kein Mittagessen“, erzählt sie. Dann sei überlegt worden, wie Essen herangeschafft werden könne. „Für die Mütter, die meist den ganzen Tag gearbeitet haben, war die Unterbrechung nicht gut“, sagt Marlene Gracz. Eine Lösung sei durch die Kooperation mit der Schulküche gefunden worden. Mit Essenkübeln der Gesellschaft für Sport und Technik sei die warme Mahlzeit per Fahrrad in den Kindergarten geholt worden. „Es gab keine zusätzliche Küchenkraft. Wir mussten selbst abwaschen“, berichtet die Erzieherin und fügt schmunzelnd hinzu: „Die Großen haben freiwillig abgetrocknet. Das war für sie viel schöner als der Mittagsschlaf.“ Später sei das Essen aus dem Kulturhaus Altensalzwedel geliefert worden.

Die Natur um die Ecke habe sie sehr gemocht. „Egal welches Wetter, die Kinder haben sich immer gefreut, raus zu dürfen“, sagt Marlene Gracz. Eine Erzieherin habe zu jener Zeit 18 Kinder betreut. „Wir haben auch geübt, wie man die Bundesstraße zügig überquert“, fügt sie hinzu. Damals seien aber noch nicht so viele Fahrzeuge auf der Hauptstraße unterwegs gewesen wie heute.

Das gemeinsame Tun habe zusammengeschweißt: Eltern hätten mit geholfen, die Räume zu malern. Die Kinder hätten mit angepackt, das Außengelände sauber zu halten. Beim Unkrautjäten seien manche Hände dreckig geworden. Aber auch das habe es gegeben: „Ein Mädchen sagte zu mir, dass ihr Papa gesagt habe, dass sie nicht arbeiten dürfe.“

Und Marlene Gracz erzählt gleich noch eine Episode: Sie sei eigentlich ein Hosen-Mensch. Als es einmal ganz besonders heiß gewesen sei, habe sie einen Rock angezogen. Am nächsten Tag habe sich eine Mutti für ihren Sohn entschuldigt. Denn dieser wollte unbedingt ein Kleid anziehen. Seine Begründung: „Ich will auch mal so schön aussehen wie Frau Gracz.“ „Ich habe ihn gewähren lassen. Er ist den ganzen Tag im Kleid rumgelaufen“, blickt sie lächelnd auf eine schöne Zeit zurück.

Auch nach dem Eintritt ins Rentenalter sei sie oft noch von einstigen Kindern angesprochen worden. „Es ist schon interessant zu erfahren, was aus ihnen geworden ist“, sagt sie und verrät flüsternd: „Der eine und andere hat mir sogar sein Liebesleid geklagt.“