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Künstleraktion Vom alten Eisen zu neuen Skulpturen

Künstler der amerikanischen "Texas Atomic Iron Commission" luden zum ersten Eisenguss unter freiem Himmel in Deutschland.

Von Alexander Walter 11.08.2015, 01:01

Hilmsen l Es ist heiß, sehr heiß am Hilmsener Atelierhaus, als Kurt Dyrhaug am Sonntagnachmittag verkündet: „One hour left and we will have iron“. Der kräftig gebaute Kunstdozent der texanischen Lamar University Beaumont tut das auf die laute, die amerikanische Art. Fast klingt es, als hätte er gerade eine Schlacht gewonnen. Doch den rund 100 Zuschauern auf dem Gelände des Hilmsener Künstlers Hans Molzberger gefällt, was sie hören. Die Antwort auf die Botschaft des rauen Texaners ist lauter Jubel.

Die Begeisterung ist verständlich. Schließlich wohnen die Besucher einem ganz außergewöhnlichen Spektakel bei. Erstmals hat das amerikanische Künstlerbündnis „Texas Atomic Iron Commission“ zu einem öffentlichen Eisenguss auf deutschem Boden eingeladen. Auf Initiative der Kunstdozenten Greg Reuter (Texas A&M University Corpus Christi), Hans Molzberger (Houston Baptist University) und Kurt Dyrhaug wird dabei Alteisen vor den Augen des Publikums eingeschmolzen und anschließend in von Studenten eines Skulpturen-Kurses gefertigte Hohlformen gegossen. Den bei ähnlichen Veranstaltungen in den USA erprobten Hochofen haben die Künstler eigens für diesen Nachmittag in Hilmsen neu aufgebaut.

Es ist vor allem die Show, die die Leute fasziniert. Immer wieder füllen Dyrhaug und seine Helfer publikumswirksam Koks nach. Ein riesiger elektrischer Blasebalg lässt während der Wartezeit Flammen aus dessen Abdeckung schlagen. „Noch 20, 10, 2 Minuten“, brüllt Dyrhaug in die Menge. Dann geht‘s endlich los. Mit einer großen Eisenstange sticht der Texaner den zuvor mit einer Art Propf verschlossenen 1500 Grad heißen Ofen an. Es zischt, dann ergießt sich flüssig wie Wasser das rotglühende Metall in den Tiegel. Die Menge feiert den Erfolg frenetisch. Wo hat man so was schon gesehen! Spannend wird es noch einmal, als die Studenten das Eisen in die Formen gießen. Die Leute wollen möglichst nah dran sein. Die Absperrbänder, die mit gutem Grund die Zuschauer von den in dicke Schutzkleidung gehüllten „Stahlarbeitern“ trennen, werden für diesen Anblick gern übersehen.

Noch mehrmals wiederholt sich der Eisenguss am Atelierhaus, Dutzende Formen füllen die Künstler mit dem flüssigen Metall. Knapp 800 Kilogramm Koks und 50 Kilogramm Gusseisen hat Hans Molzberger eigens für das Event besorgt. Am Ende hat sich der Aufwand für alle gelohnt.

Die fertigen Skulpturen bekommen die Besucher am Sonntag trotzdem nur in Teilen zu Gesicht. Das Eisen in den Formen aus Keramikschalen muss erst abkühlen. Wer neugierig ist, kann sich die Kunstwerke morgen im Salzwedeler Kunsthaus ansehen. Ab 19 Uhr werden sie dort erstmals in voller Pracht ausgestellt.