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Kultur Viele Angebote und kaum Gäste

Rockmusik, Chöre oder Blues: viele Veranstaltungen sind gähnend leer. Dabei hat Salzwedel ein breites Angebot. Woran liegt das?

Von Alexander Rekow 23.10.2018, 15:33

Salzwedel l Für die Anwesenden war es ein musikalischer Hochgenuss, doch wirklich mitbekommen hat es in Salzwedel wohl kaum jemand. Nur etwas mehr als 20 Gäste kamen am Freitagabend zum Konzert des Trinity Boys Choirs aus London (England) in die Salzwedeler Mönchskirche. Von der Bühne aus muss es ein trostloses Bild gewesen sein. Stühle für hunderte Besucher blieben leer, in die vordere Reihe setzte sich niemand. Etwas verschämt lauschten in den mittleren Reihen die wenigen Besucher dem Gesang des renommierten Chores, der sogar schon für einige Hollywoodfilme den Soundtrack beisteuerte. Dementsprechend enttäuscht zeigte sich auch Kulturamtsleiter Joachim Mikolajczyk schon bei der Begrüßung.

Marian Stütz, Chef des Traditionsclubs Hanseat, hat keine Erklärung für die mögliche Kulturverdrossenheit in Salzwedel. Er beobachtet bei seinen Musik-Veranstaltungen schon seit längerer Zeit das Fernbleiben jüngerer Gäste bis Mitte 20. „Bei der Band ‚AnneFürSich‘ am 12. Oktober waren gerade einmal 20 Gäste im Hanseat. Einen Tag später, beim Blues, waren es 25“, erzählt er. Dabei sind beide Gruppen in seinen Augen exzellente Musiker – an der Qualität kann es also nicht liegen. Ebenso wenig an der Breite des Angebots. „Wir wollen und können kein Spartenclub für ein spezielles Publikum sein“, so Stütz. Daher schafft er Angebote in jede Richtung, auch Theater. Seine beiden Kolleginnen, die in ihrem Alter noch nah am jungen Publikum sind, können sich das ebenfalls nicht erklären. Das Hansa-Team ist sich einig, an der Werbung liegt es nicht. Denn sowohl in der Zeitung, als auch auf der eigenen Homepage wie auch bei Facebook wird mächtig die Werbetrommel gerührt.

„Das ist ein allgemeiner Trend, dass weniger handgemachte Musik gespielt und sich angehört wird“, mutmaßt Detlef Unruh: „Es geht kontinuierlich Berg ab.“ Er ist Leiter von Aktion Musik und betreut die Offenen Bühnen – ebenfalls im Soziokulturellem Zentrum Hanseat.

Ein Grund könnte aus seiner Sicht der knappe Geldbeutel sein. Auch ein immer höheres Durchschnittalter der Altmärker spielt für ihn mit in die Thematik. Offene Bühnen, bei der Nachwuchsmusiker ihr Können zeigen, sind oft menschenleer. Er pflichtet Marian Stütz bei: „Am Angebot liegt es nicht.“ Detlef Unruh ist ratlos und verärgert. „Es ist traurig und deprimierend“, bringt er seine Gemütslage auf den Punkt.

Dass es aber auch anderes geht, weiß Marian Stütz. „Keimzeit ist jetzt schon ausverkauft – ohne Werbung.“ Daher glaubt Stütz, dass es ein Generationenproblem ist. „Den Eltern und Großeltern der Generation bis 20 ist es zu verdanken, dass es diesen Club überhaupt gibt. Das Hanseat ist keine Selbstverständlichkeit“, sagt er. Jetzt sei die Jugend in der Pflicht. Trotzdem, Stütz will nicht nur schwarz sehen. Immerhin beleben die jungen Menschen jeden Donnerstag beim Stammtisch den Club, das war nicht immer so. Wenn dann aber mal eine Veranstaltung à la Fête de la Musique im Hanseat stattfindet, kommen die jungen Gäste erst, wenn die Musik vorbei ist, erzählt Stütz.

Dass es auch anders geht, zeigt das Angebot des Kunsthauses, welches in der Nische sein Publikum findet. „Unsere Klassik-Reihe ‚Musik im Dialog‘ hat eine stabile Besucherzahl“, berichtet Achim Dehne für das Kunsthausteam. Er ist sich bewusst, dass damit kein „Mainstream“ angeboten werde. Dennoch kämen meist mehr als 40 Gäste zu den Dialog-Abenden. „Darunter ein Ehepaar aus Altenmedingen bei Lüneburg“, sagt Dehne und ergänzt, dass die Klassik-Besucher zu 50 Prozent von außerhalb des Landkreises kommen.

Achim Dehne betont in diesem Zusammenhang aber auch, dass es wichtig sei, das alle Kulturschaffenden miteinander sprechen. „Das klappt“, meint Dehne, auch wenn am Freitagabend in der Mönchskirche der Knabenchor vor leeren Reihen singen musste, während im Kunsthaus die nächste Auflage von „Musik im Dialog“ stattfand.

Nicht immer seien Terminkollisionen bei dem großen Angebot in der Stadt und im Landkreis zu vermeiden, weiß der Mann vom Kunsthaus.