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Museumsfest „Kleine Murmeln“ fallen durch

Kartoffeln ernten wie vor 100 Jahren: Das erlebten die Besucher im Freilichtmuseum Diesdorf.

Von Anke Pelczarski 26.08.2019, 15:00

Diesdorf l Ein Lanz Bulldog, wie er über den Diesdorfer Acker seine Bahnen zieht, steht auch bei ihm zu Hause. „Meiner sieht nicht so gut aus. Wenn ich Zeit habe, möchte ich ihn gern wieder aufbauen“, erzählt Wilfried Wiede aus Groß Rosenburg bei Calbe/Saale. Eigene Erinnerungen werden im Freilichtmuseum Diesdorf wieder wach: beispielsweise als er als Schüler in den Ferien Kartoffeln mit aufgelesen hat für ein kleines Taschengeld. „Ich finde das hier sehr schön. Die Leute erklären alles gut. Auch für die Jugend ist das lehrreich, die die Arbeit so nicht mehr kennen“, schildert er seinen Eindruck vom Premieren-Besuch. Im Internet habe er von diesem Museumsfest gelesen, sich aufgemacht und den Tagesausflug nicht bereut.

Einige Utensilien hinter den Traktoren sind Wilfried Wiede unbekannt. „Wir arbeiten beispielsweise mit Schatzgräber und Wühlmaus. Das ist Technik, die wir über Jahre gesammelt haben“, erklärt Frank-Jürgen Elfert von den Heimatverbundenen aus Dähre und Umgebung, die für diese besondere Veranstaltung auch in die Bekleidung wie vor 100 Jahren schlüpfen.

Drei Sorten Kartoffeln wurden in diesem Jahr angebaut: Allianz, Quarta und Gunda. „Am größten ist die Quarta geworden“, merkt der Mitwirkende Walter Faescke an. Doch der geringe Niederschlag und der Sandboden hier im Museum hätten die Früchte nicht größer werden lassen. Unterm Zelt werden derweil alte Kartoffelsorten angeboten. 22 verschiedene sind es diesmal, erzählt Uta Barthel und fügt hinzu: „Damit wollen wir auch historische Sorten bewahren.“ Die Besucher greifen gern zu, wollen die nicht so bekannten Erdäpfel im nächsten Jahr selbst anbauen. Klaus Merda moderiert in bewährter Weise am Ackerrand. Er weist auch auf die Kartoffelklapper hin, eine nur mit Handantrieb, die andere mit einer Zapfwelle ausgestattet, damit der Traktor bei der Arbeit helfen kann. „Aber das lohnt sich nicht wirklich in diesem Jahr. Wir haben wie im Vorjahr leider nur kleine Murmeln“, bedauert er. Dennoch wird die Technik vorgeführt.

Die Schlepperfreunde aus Bad Bodenteich präsentieren nahe des Kartoffelackers einige ihrer „Schätzchen“.

Wer mehr auf Handarbeit steht, ist bei den Damen des Textilvereins aus Wolmirstedt genau richtig. „Es macht richtig Spaß, hier dabei zu sein. Das Ambiente stimmt, die Leute sind freundlich“, sagt Gisela Krohn, bevor sie ihr Spinnrad ebenso wie Petra Taubert surren lässt. Flachs wird verarbeitet. Monika Mathies fertigt mit Hilfe japanischer Flechtkunst Freundschaftsbänder an. Ursula Roggisch zeigt Brettchenweberei mit einem Rahmen.

Auch Hopfen, natürlich im Museum gewachsen, kann bestaunt und auch mal angefasst werden. Die Kinder stopfen diesen in kleine Kissen – eine willkommene Bastelei.

Anja Krohm aus Braunschweig hat sich selbst ein Geschenk bereitet: an ihrem Geburtstag einen Ausflug nach Diesdorf. „Meine Tochter Reni wollte erst nicht mit. Jetzt ist sie begeistert“, erzählt die Grundschullehrerin schmunzelnd über die Achtjährige, die gerade Kartoffeln für leckere Puffer reibt. „Ich finde das Dorf wunderschön“, erzählt die Braunschweigerin, die zum ersten Mal zu Gast ist. Denn hier lasse sich das Leben wie vor 100 Jahren selbst erleben. „Das Museum ist mit so viel Liebe zum Detail gemacht. Und ich finde es prima, dass alle Türen offen stehen. Alle sind aufgeschlossen und gesprächig“, fügt Anja Krohm hinzu.

Musik lauschen, für die die Blaskapelle Jübar sorgt, Pellkartoffeln mit Beilagen genießen, Handwerk und eine historische Schulstunde erleben, die Bockwindmühle erkunden, mit der Ponykutsche fahren, Kartoffelkuchen im Museumscafé kosten und vieles mehr: Die Gäste fühlen sich gut aufgehoben beim Museumsfest.