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Orkan Kyrill Als vor zehn Jahren das Licht ausging ...

Heute vor zehn Jahren zog Orkan Kyrill über Mitteleuropa und die Altmark.

Von Uta Elste 18.01.2017, 00:01

Salzwedel l Bereits in den Tagen zuvor war es dank Tief Jürgen schon recht windig gewesen. Doch nachdem sich der Wind vorübergehend etwas beruhigte, folgte „Kyrill“, ein Orkan, dessen Böen vereinzelt Geschwindigkeiten bis zu 225 Kilometer pro Stunde erreichten. Jedoch kam der neue Sturm nicht unerwartet. Bereits zwei Tage zuvor hatte es erste Warnungen vor dem Tiefdruckgebiet gegeben, das Mitte Januar bei Neufundland entstanden war.

Am 18. Januar 2007 – einem Donnerstag – erreichte Kyrill gegen Mittag die deutsche Nordseeküste. Rüdiger Wührl, für Brand- und Katastrophenschutz sowie das Rettungswesen zuständiger Sachgebietsleiter der Salzwedeler Kreisverwaltung, überprüfte im Laufe jenes Tages noch einmal die damalige Einsatzleitstelle in Klötze. „Und irgendwann ging dann das Licht aus“, erinnerte er sich. Natürlich nicht in der Einsatzleitstelle, die über ein Notstromaggregat verfügte – und dann in Klötze auch das einzige Gebäude war, in dem Licht brannte, berichtet Rüdiger Wührl weiter.

Doch in vielen Haushalten in der Region und in Sachsen-Anhalt saßen die Menschen im Dunkeln – übrigens auch die Redakteure in der Redaktion der Salzwedeler Volksstimme. „Gegen 18.10 Uhr – Strom weg, Licht aus, Computer aus“, hieß es dann in der Ausgabe am 20. Januar. Tags zuvor war wegen des Stromausfalls eine Notausgabe erschienen.

Doch bis 18 Uhr hatten die Mitarbeiter in der Einsatzleitstelle bereits fast im Minutentakt die Einsätze der Feuerwehren koordiniert. Die Einsatzstatistik beginnt am 18. Januar 2007 damit, dass drei Aktive der Salzwedeler Feuerwehr um 16.22 Uhr ein Dachfenster im Bürgercenter sicherten.

Die Brandbekämpfer waren an jenem Wochenende am Donnerstag bis Mitternacht am meisten gefordert: Umgestürzte Bäume mussten von der Straße geräumt werden. Die Feuerwehr Gardelegen sicherte im Krankenhaus vorübergehend die Notstromversorgung. Diverse Sturmschäden waren zu beseitigen. Von den ingesamt 134 Einsätzen, die die Wehren im Altmarkkreis im Januar 2007 absolvierten, stehen 82 im Zusammenhang mit dem Orkan Kyrill.

„Die Funktechnik hat funktioniert, aber einige Telefon- und Sendeanlagen dann nicht mehr“, rekapituliert Rüdiger Wührl. Ständig habe man sich gefragt, wann denn der Strom wiederkäme – nicht nur die Mitarbeiter in den Einsatzstäben, sondern auch viele Menschen in ihren, sofern vorhanden, von Kerzen erleuchteten Häusern. Feuerwehren und Technisches Hilfswerk halfen mit Notstromaggregaten auch in Tieranlagen aus, um erforderliche Temperaturen aufrecht zu erhalten oder die Melkanlagen wieder in Betrieb zu nehmen. „Dass Strom und Wasser immer zur Verfügung stehen, wird als selbstverständlich angesehen“, so Rüdiger Wührl. Die Kreisstadt war insgesamt sieben Stunden ohne Strom. Zuletzt seien Haushalte in Letzlingen wieder ans Netz gekommen, so der Sachgebietsleiter. In den Morgenstunden sei der Wind abgeflaut. Doch erst dann würden die entstandenen Schäden sichtbar werden.

Durch den Stromausfall hatte sich das Obst in den Gefriertrocknern der Paradiesfrucht GmbH in Mus verwandelt. Die Mitarbeiter der Salzwedeler Baumkuchen GmbH mussten sich sputen, um Brot und Brötchen pünktlich auszuliefern. Für die Stadt Salzwedel schätzte der damalige Vize-Bürgermeister Erich Kaiser den Schaden als gering ein. Die Polizei hatte ihre Streifentätigkeit verstärkt, auch, um Plünderungen zu verhindern.

Nach „Kyrill“ entwickelte der Altmarkkreis einen Leitfaden für Einsatzmaßnahmen bei großflächigem Stromausfall. Er enthält präventive Maßnahmen sowohl für Kommunen als auch für Betriebe, Hinweise, wie Einsatzkräfte im Falle des Falles zu alarmieren sind und wie die Kommunikation abgesichert werden soll. „Die Feuerwehrhäuser wurden entsprechend hergerichtet“, resümiert Rüdiger Wührl. Aber viele Hinweise seien in der Masse nicht umgesetzt worden. Das habe sich Weihnachten 2010 gezeigt, als der Eisregen, den Tief „Scarlett“ über die Altmark brachte, für einen weiteren langanhaltenden Stromausfall sorgte. „Insgesamt haben extreme Wetterlagen zugenommen“, so der Sachgebietsleiter.