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Pflegeheim Die Wahl ist Chefsache

Aus den Betrugsvorwürfen bei der Kommunalwahl 2014 haben die Verantwortlichen des Pflegeheims „Am Karlsturm“ gelernt.

Von Alexander Rekow 23.09.2017, 01:01

Salzwedel l Die Nachricht im Mai 2014 schockierte sowohl Personal als auch Bewohner des Pflegeheims „Am Karlsturm“. Ein damaliger Mitarbeiter soll Briefwahlunterlagen der betagten Bewohner unterschlagen haben. Die Heimleitung habe damals erfahren, dass nach Aussage von fünf Bewohnern die Stimmzettel bei ihnen nie aufgetaucht seien, nachdem er sich die Vollmacht hatte ausstellen lassen.

Der ehemalige Mitarbeiter hingegen sagte, er habe die Wahlunterlagen bei jedem Bewohner abgegeben und diese hätten selbstständig ihre Kreuze machen können. Die Heimleitung zog ihre Konsequenzen und entließ ihn. Noch heute sitzt er im Stadtrat und ist zudem Mitglied des Kreistages des Altmarkkreises Salzwedel.

„Wir haben nicht geglaubt, dass jemand mit den Unterlagen Schindluder treibt“, erklärt Jürgen Letzas, Chef der Einrichtung, heute. Gerade das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bewohnern und Mitarbeitern sei unersetzlich. „Viele Bewohner haben es ihm nicht zugetraut“, sagt Letzas.

Damit sich ein Fall wie dieser in seiner Einrichtung nicht wiederholt, hat Letzas die Wahl zur Chefsache erklärt. „Wir haben einen gesonderten Posteingang für die Wahlunterlagen eingerichtet“, sagt der Einrichtungsleiter. Die Assistentin der Geschäftsleitung ist zudem angewiesen, die Unterlagen doppelt und dreifach zu prüfen. So soll gewährleistet werden, dass auch jeder, der wählen möchte, dieses auch selbst kann. „Alle, die kognitiv und körperlich dazu in der Lage sind, bekommen ihre Unterlagen persönlich von mir“, versichert Jürgen Letzas. Das sind im Fall des Pflegeheims „Am Karlsturm“ die Wenigsten. „98 Prozent sind kognitiv (Anm. Red.: Geistig) sehr eingeschränkt“, sagt Letzas. Bei den übrigen zwei Prozent helfen die Verwandten oder eben Jürgen Letzas persönlich.

Der Chef nennt ein Beispiel: „Ich gebe dem Bewohner seine Unterlagen, erkläre wie es funktioniert.“ Dann verlässt er den Wohnraum, um eine geheime Wahl zu gewährleisten. Im Anschluss bekommt der Einrichtungsleiter den verschlossenen Brief vom jeweiligen Bewohner persönlich überreicht. Hat Jürgen Letzas alle Briefwahlunterlagen zusammen, bringt er sie selbst zum Bürgercenter. Einzig beim Fall der gesetzlichen Betreuer hat er keinen Einblick. „Was und wie sie es machen, weiß ich nicht“, erklärt er.