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Pilzexperten Pilz-Spezialisten auf Exkursion

70 Pilzfreunde aus elf Bundesländern gingen in den Wäldern um Arendsee auf die Suche. Es tagte der Landesfachausschusses für Mykologie.

Von Helga Räßler 23.10.2017, 12:09

Arendsee l „In Sachsen-Anhalt sind etwa 4000 Großpilzarten nachgewiesen“, erklärte Ulla Täglich vom Landesfachausschuss Mykologie im Naturschutzbund. „Dabei sind alle Arten erfasst, die man mit bloßem Auge wahrnehmen kann“, ergänzte sie.

Zusammen mit Gunnar Hensel aus Merseburg organisierte sie im Auftrag ihres Fachgremiums die zweite Boletus-Tagung, zu der fast 70 Teilnehmern aus elf Bundesländern im Kindererholungszentrum anreisten. Anliegen sei es, die Angaben zur Funga - dem Pilzreich - im Norden Sachsen-Anhalts zu erfassen. „Denn von hier oben gibt es kaum Fundortangaben“, betonte sie.

Zu den kaum noch sichtbaren Arten zählt wohl auch jener Lederhautpilz, dessen Schönheit sich eigentlich erst unterm Mikroskop erschließt und der unter einem Stück Baumborke sitzt. Und dieses an der Wirlspitze am Grünen Band gefundene Naturstück hielt Erhard Ludwig aus Berlin im Aquarell fest.

„Die Skala der Pilze reicht vom schönsten Speisepilz bis zum phytoparasitischen Kleinpilz, der an Pflanzen Veränderungen und Krankheiten verursacht“, fügte er hinzu. In vier Bildbänden hat der Pilzkenner seine kunstvollen Abbildungen schon veröffentlicht. Und dazu ein Kompendium herausgegeben mit ausführlichen Beschreibungen.

Und zu den sogar gefährliche Krankheiten verursachenden Pilzarten gehört der Mutterkornpilz, den Tagungsteilnehmer Wulf Schultze aus Hamburg an einem Pfeifengrashalm hinter Ziemendorf fand. „Dieser Pilz ging früher auf Roggen, wurde mit dem Korn zu Mehl gemahlen und im Brot verbacken“, berichtete er. Die Giftstoffe seien hitzestabil. Sie verursachten Tausende Tote. „Die Krankheit nannte sich Sankt Antoniusfeuer, auch Kriebelkrankheit“, sagte er. Die Gliedmaßen faulten Betroffenen am lebendigen Körper ab.

Während der wissenschaftlichen Tagung und der Exkursionen, die an die Wirlspitze, zum Weinberg, ins Naturschutzgebiet Kalbescher Werder, in den Ferchauer Forst, nach Heiligenfelde und Seehausen führten, drehte sich alles um die verschiedenen Pilzarten. Um Mykorhiza-Pilze, die eine Symbiose mit Bäumen eingehen wie zum Beispiel Butter- und Birkenpilz, um Holzzerstörer und Substrat-Zersetzer wie Hallimasch, um Folgezersetzer wie der violette Rötelritterling sowie phytoparasitische Kleinpilze wie Mehltau, Rost-oder Brandpilz.

Da sich das Erscheinungsjahr der Fachzeitschrift Boletus - lateinisch für Dickröhrlingpilze - zum 40. Mal jährt, gab es sogar eine große Jubiläums-torte, umrahmt vom Marzipansteinpilzen. Die schnitt Gunnar Hensel an. „Uns geht es um persönlichen Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten und Wissenszugewinn“, nannte er einen weiteren Grund des Treffens.